taz.de -- Kommentar Ozeankonferenz: Die scheinheilige Wohlfühlallianz

Die Lage der Meere ist dramatisch schlecht. Aber sich ganz vorne an die Spitze der Anti-Trump-Bewegung zu setzen, löst auch kein Problem.
Bild: Erwärmung, Vermüllung, Überfischung – die Lage der Meere ist dramatisch schlecht

Ach, ist das schön auf der Seite der Guten. Während sich „Total-loser-so-sad-Donald-Trump“ aus dem internationalen Konsens zum Klimaschutz verabschiedet, bildet der Rest der Welt eine Allianz für erneuerbare Energien, für die Rettung der Wälder und, aktuell, der Ozeane. Die Bedeutung [1][des ersten UN-Gipfels zu den Weltmeeren], urteilt etwa das deutsche Umweltministerium, nehme durch Trumps Ankündigung durchaus zu.

Diese Erzählung des „Jetzt erst recht“ wäre ja großartig, wenn nur irgendetwas an ihr dran wäre. Doch hat die angebliche neue Umweltschutz-Allianz zwischen der Europäischen Union und China schon bei ihrer ersten Bewährungsprobe vergangenen Freitag tiefe Kratzer bekommen, als eine gemeinsame Klima-Erklärung am Streit über Handelsfragen scheiterte.

Und auch beim Schutz der Meere versagen die Europäer kläglich an ihren eigenen Küsten. Seit Jahren schaffen sie es nicht, mit angemessenen Fangquoten die Fischbestände in Nord- und Ostsee zu erhalten. Wissenschaftler und Nichtregierungsorganisationen verfolgen fassungslos, wie ökonomische Interessen der Fischerei eine nachhaltige Politik verhindern.

Noch ein Beispiel: Bei der Suche nach Erzen in der Tiefsee stehen die rohstoffhungrigen Industrienationen Europas und Asiens den USA in gar nichts nach. Wer Geld und Know-how hat, sichert sich schon jetzt Lizenzen für einen künftigen Abbau, so einfach ist das. Der Trampel Trump hat sich mit seinem Ausstieg aus dem Pariser Klima-Abkommen vor allem rhetorisch isoliert. Faktisch aber ist er es nicht.

Da setzen alle Industrienationen weiter auf Wohlstand durch Wachstum, und das ist ohne einen steigenden Ressourcenverbrauch nun mal nicht zu haben. Wenn sich mit Umwelt- und Klimaschutz Arbeitsplätze schaffen lassen – etwa in Offshore-Windanlagen oder mit Tourismus im Welterbe Wattenmeer – prima. Wenn Umwelt- und Ressourcenschutz aber Arbeitsplätze kosten sollen, aufgrund strengerer Fangquoten oder des Ausstiegs aus der Kohlekraft, dann ist ganz schnell Schluss mit grün.

Erwärmung, Vermüllung, Überfischung – die Lage der Meere ist dramatisch schlecht. Sich ganz vorne an die Spitze der Anti-Trump-Wohlfühlbewegung zu setzen, löst kein Problem. Auch beim Schutz der Ozeane gilt, es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

7 Jun 2017

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[1] /UN-Ozeankonferenz-in-New-York/!5411961/

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Heike Holdinghausen

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