taz.de -- Flüchtlinge und die Kälte in Griechenland: Die EU nimmt das Sterben in Kauf

Der Tod von drei Flüchtlingen wirft ein Schlaglicht auf die Kältekatastrophe auf Lesbos. Ursache war vermutlich eine Kohlenmonoxidvergiftung.
Bild: Schon am 3. Februar gab es Proteste gegen die Zustände in den griechischen Flüchtlingscamps

Athen taz | Bilder von verschneiten einfachen Zelten im Hotspot Moria auf der griechischen Ägäisinsel Lesbos gingen um die Welt. Nun sind dort drei Männer in weniger als einer Woche gestorben: ein 20-jähriger Ägypter, ein 46-jähriger Syrer und ein etwa 20-jähriger Mann aus Pakistan.

Beim Gedenkmarsch auf Lesbos für die drei Toten wurden Banner und Pappschilder mit „Verzögerung tötet“ oder „Menschen sterben hier – tut etwas!“ hochgehalten. Die griechische Polizei warte noch auf einen Bericht der Rechtsmediziner zu den Todesursachen.

„Die EU-Politik zerstört die Schutz suchenden Menschen hier“, sagt Louise Roland-Gosselin, Sprecherin von Ärzte ohne Grenzen (ÄOG). Viele der Flüchtlinge müssen seit Monaten in menschenunwürdigen Zuständen ausharren. Die hygienischen Umstände sind schlecht. Es gibt noch immer nicht genügend heißes Wasser für alle.

Hinzu kommt die Kälte der letzten Wochen. „Die Menschen sind sehr geschwächt“, so Roland-Gosselin. Viele der Männer müssen trotz der Temperaturen noch immer in einfachen Zelten leben, so die Sprecherin.

Auch wenn der Obduktionsbericht noch nicht vorliege, lasse sich die Todesursache der drei Männer mit einer Kohlenmonoxidvergiftung in Verbindung bringen. „Die Flüchtlinge entzünden sogar in den Zelten Feuer, um sich zu wärmen und ihre Kleidung zu trocknen“, sagt Roland-Gosselin. Dazu benutzen sie, was sie an Brennbarem finden können – auch Plastik, das giftige Dämpfe erzeugt.

Griechische Regierung und EU-Kommission in der Kritik

Die Zahl der depressiven Menschen in den Camps nehme zu, so die ÄOG-Sprecherin. Mit jedem Tag schwindet die Hoffnung auf den Schutz, auf Sicherheit und Stabilität in Europa.

Die ÄOG werden den Fokus – neben der medizinischen Versorgung – deshalb auf psychologische Betreuung setzten. Man wisse, dass die Menschen durch das, was sie in ihrer Heimat erlebt haben, traumatisiert seien, so Roland-Gosselin. „Doch die Depressionen entstehen durch die Situation in den Camps und schwäche die körperliche Verfassung der Menschen noch zusätzlich.“

Die UN-Hilfsorganisation UNHCR kritisiert öffentlich Griechenland und andere EU-Regierungen und macht sie für die tragischen Zustände in den Lagern verantwortlich. „Moria hätte winterfest gemacht werden sollen“, beanstandet Roland Schönbauer, Sprecher von UNHCR. Seit Dezember habe man versucht, die Menschen vor der Kälte zu bewahren. Man konnte nicht früher agieren, weil man auf das grüne Licht der Behörden warten musste, berichtet Schönbauer.

Flüchtlingsfamilien mit kleinen Kindern sowie Schwangere und Kranke wurden in Hotels und Wohnungen verlegt, etwa 200 Männer konnten auf einem Militärschiff, weitere Flüchtlinge in Kara Tepe, dem zweiten Camp auf Lesbos, untergebracht werden. Nun werden zusätzlich zu den Wärmezelten noch Doppeldecker-Wohncontainer in Moria installiert.

Zuvor hätten sich die MitarbeiterInnen um rechtliche Beratung und weniger um die physischen Umstände in den Camps gekümmert, so Schönbauer. Negativ wirkt sich auch aus, dass die Asylverfahren stocken. Wegen des EU-Türkei-Deals müssen die Menschen auf den Inseln ausharren, bis ihr Asylverfahren abgeschlossen ist. Aber noch immer schickt Europa nicht genügend Personal, um den Vorgang zu beschleunigen.

13 Feb 2017

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Theodora Mavropoulos

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