taz.de -- Verbraucherzentrale über Verpackungen: „Plastik kann nicht die Lösung sein“

Bio-Obst in Plastik zu verpacken, ist nicht öko. Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg über Lichttattoos fürs Gemüse.
Bild: In Biosupermärkten oder auf dem Markt sind schon jetzt Waren häufig unverpackt

taz: Frau Schwartau, in einer schwedischen Supermarktkette wird Biogemüse der Marke Nature & More mit einem Lichttattoo verkauft, um Plastikverpackungen zu vermeiden. Dabei entfernt ein gebündelter Lichtstrahl Pigmente aus der Schale. Brauchen wir so etwas in Deutschland auch, um wie bei Eiern gleich alle Informationen auf dem Produkt zu haben?

Silke Schwartau: Aus unserer Sicht wäre das eine sehr gute innovative Lösung! Derzeit werden Biowaren häufig in Plastik verpackt, um sie vor Pestizidrückständen konventioneller Ware zu schützen und sie zu markieren, da zum Beispiel leider wohl auch Konsumenten die Produkte beim Einkauf vertauschen, um Geld zu sparen. Aber Plastik kann nicht die Lösung sein. Wir bekommen sehr viele Beschwerden: denn Plastik im Biobereich lehnen die meisten Verbraucher ab.

Bei welchen Bioprodukten kommt das denn vor? Häufig sind die Waren doch lose?

Es ist sehr unterschiedlich. Wenn Sie in einen Biosupermarkt gehen, dann mag es so sein. Aber in normalen Supermärkten finden Sie zum Beispiel eingeschweißte Biogurken oder Äpfel, oft in Vierergebinden.

Aber die Viererpacks würden doch trotz Lichtlabel mit einer Verpackung zusammengehalten?

Aber wenn man schon solche Gebinde verkauft, wären ein Netz oder Papiertüten zum Selbstabwiegen wesentlich besser als Plastikschale und Plastikfolie. Da kommt sonst auch eine ganze Menge an Plastikgewicht zusammen, das durch die Republik gekarrt wird.

Oft ist das Bioobst auch nur mit einem Sticker versehen. Der lässt sich im Gegenteil zu einer Kennzeichnung auf der Schale schnell und einfach austauschen. Wie viel Angst muss ich denn haben, dass die Händler Schmu damit treiben?

Das darf natürlich nicht sein, und das müssen die Supermärkte entsprechend durch Qualitätssicherung sicherstellen. Soweit uns bekannt ist, scheint das derzeit aber kein großes Problem zu sein. Manchmal bieten die Händler selbst eine gewisse Rückverfolgbarkeit an, indem sie kennzeichnen „Aus der Region xy“ oder „Von dem Hof xy“. Das schafft mehr Transparenz.

24 Jan 2017

AUTOREN

Eva Oer

TAGS

Bio-Lebensmittel
Plastik
Verpackungen
Bio-Supermarkt
Obst und Gemüse
Lesestück Recherche und Reportage
Verpackungsmüll
Verpackungsmüll
Nordsee

ARTIKEL ZUM THEMA

Gemüse ohne Folie wird schlecht: Ohne Plastik noch mehr Müll

Derzeit landen mehr Gurken als üblich im Müll, weil sie ohne Plastikfolie den Transport aus Spanien oft nicht heil überstehen.

Zukunft Essen?: Hier wächst sich was zusammen

Permakultur-Gärtner pflanzen Gemüse durcheinander – ohne Pestizide, aber auch mal mit Musikbeschallung. Spinner oder Visionäre?

Kennzeichnung von Mehrwegflaschen: Das Verpackungsgesetz soll's richten

Neue Vorschriften sollen helfen, Einweg- von Mehrwegflaschen zu unterscheiden. Umweltschützer kritisieren die Vorschläge.

Verschwendung von Ressourcen: In To-go-Bechern versinken

Urbane Singles, die viel konsumieren, verursachen den den meisten Abfall. Ganze 30 Prozent mehr als noch vor 20 Jahren.

Plastik im Watt: Friedensmission in der Nordsee

Die Lobby der WattfahrerInnen sammelt Müll auf dem unbewohnten Nordsee-Inselchen Minsener Oog. In wenigen Stunden kommen fast 18.000 Teile zusammen