taz.de -- Kommentar Gabriel und das Kindergeld: SPD-Chef dürfte AfD erfreuen
Beifall von rechts: Sigmar Gabriel fordert ein niedriges Kindergeld für nicht in Deutschland lebende Kinder von hier lebenden EU-AusländerInnen.
Wieviel ist ein Kind wert? Nach Ansicht des SPD-Chefs und Vizekanzlers Sigmar Gabriel, der demnächst zum dritten Mal Vater wird, unterschiedlich viel. Jedenfalls wenn es um die Herkunft des Kindes geht.
Gabriel will, dass Kinder von EU-AusländerInnen, die in Deutschland arbeiten, aber ihre Kinder zu Hause lassen, nur so viel Kindergeld bekommen wie in ihrem Heimatland. In Polen beispielsweise wären das 20 Euro. In anderen osteuropäischen Ländern wie Rumänien und Bulgarien ist das ähnlich wenig.
Gabriels jüngster Vorstoß dürfte RechtspopulistInnen und AfDlerInnen freuen: Da wagt sich ein SPD-Mann, der möglicherweise Kanzlerkandidat wird, mit einer Forderung nach vorn, die auch von ihnen hätte stammen können. Die Forderung bedient zudem Ressentiments wie jene der „Horden von Sinti und Roma“, die sich mit dem Kindergeld ihrer „bis zu zehn Gören“ hierzulande ein „fettes Leben“ machen.
Es mag sein, dass sich manche hier arbeitende EU-AusländerInnen freuen, mehr Kindergeld zu bekommen als in ihrem Heimatland. Warum auch nicht? Wie viele Pizzen kann man von 20 Euro kaufen? Wie viel Obst und Gemüse? Die Logik des billigeren Lebens in Ost- und Südosteuropa stimmt schon lange nicht mehr. Die Lebenshaltungskosten beispielsweise in Bulgarien unterscheiden sich nicht mehr stark von denen in Deutschland.
Manche, die ihre Heimat befristet zum Arbeiten in Richtung Deutschland verlassen (müssen), lassen ihre Kinder bewusst zu Hause. Sie wollen ihnen keinen Wechsel auf Zeit zumuten. Wenn die Eltern (oder ein Elternteil) schon abwesend sind, dann sollte es wenigstens heimatliche Beständigkeit geben.
Ungeachtet dessen dürfte Gabriels Idee keinen Nährboden finden: Laut EU-Kommission darf das Kindergeld in der EU dem Preisniveau in den Heimatländern nämlich gar nicht angepasst werden.
18 Dec 2016
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