taz.de -- Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich: Auch die Ökos machen mit

Weil alle einen Präsidentschaftskandidaten haben, wollen auch die Grünen nicht hinten anstehen. Ihrer ist nun der EU-Abgeordnete Yannick Jadot.
Bild: Soll Frankreichs Grüne in der politischen Landschaft wieder sichtbarer machen: Yannick Jadot

PARIS taz | Frankreichs Grüne, Europe Ecologie Les Verts (EELV), haben in einer Wahl via Internet in einem zweiten Durchgang ihren Präsidentschaftskandidaten nominiert. Er heißt Yannick Jadot, ist EU-Parlamentarier und trotz seiner erst 49 Jahre ein erfahrener Mitstreiter in der französischen Umweltpolitik. Lange stand er im Schatten des Fernsehnaturschützers Nicolas Hulot.

Als er nach dem Wahlsieg des Sozialisten François Hollande 2012 ohne Amt und Titel blieb, muss er das als Undank empfunden haben. Andere ParteikollegInnen erhielten Regierungsposten, nicht er, trotz seiner langen Erfahrung als Mitglied von Greenpeace und bei den Grünen.

Heute ist Jadot bestimmt froh, dass er im Gegenzug für die Bilanz dieser in Umweltkreisen als wenig ersprießlich interpretierten rot-grünen Koalition weniger mitverantwortlich gemacht werden kann als beispielsweise die frühere Parteichefin Cécile Duflot. Diese schaffte es in der ersten Runde der Online-Kür des Präsidentschaftskandidaten der Grünen nicht einmal in die Stichwahl, die Jadot nun im Finale mit relativ klaren 54,25 Prozent gegen seine Parteikollegin Michèle Rivasi gewonnen hat.

Die Bündnis- und Koalitionsfrage ist zur Achillesferse dieser politischen Bewegung geworden, die ständig zwischen Regierungsbeteiligung und Kritik an der Regierung schwankt. Heute stehen die französischen Grünen als Partei irgendwo zwischen offener Opposition zur Linksregierung und passiver Solidarität – was realpolitisch heißt: irgendwie zwischen Baum und Borke.

Mit der Präsidentschaftskandidatur von Jadot versuchen Frankreichs Grüne, einen Platz in der politischen Landschaft zurückzuerobern. Das ist nicht leicht, da links von den Sozialisten der Platz in Umweltfragen bereits vom Gründer der Linkspartei, Jean-Luc Mélenchon, mit seiner Bewegung La France insoumise (Das rebellische Frankreich) beansprucht wird. Jadot startet mit Verspätung und mit dem Handikap einer Partei, deren öffentliches Image mehr von internen Streitigkeiten als einer klaren Ausrichtung dominiert wird.

Der Präsidentschaftskandidat der Grünen kann in Sachen Klima- und Umweltpolitik nur die legitimen Ansprüche einer Partei herausstellen, die diese planetare Herausforderung in Frankreich als Erste und deutlicher als alle anderen formuliert hat. Das allein dürfte aber den wenigsten WählerInnen als Rechtfertigung für seine Kandidatur ausreichen.

8 Nov 2016

AUTOREN

Rudolf Balmer

TAGS

Schwerpunkt Emmanuel Macron
Schwerpunkt Frankreich
Präsidentschaftswahl
Bündnis 90/Die Grünen
Jean-Luc Mélenchon
Francois Hollande
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Schwerpunkt Frankreich
Nicolas Sarkozy
Wahlkampf
Schwerpunkt Frankreich

ARTIKEL ZUM THEMA

Französischer Linkspolitiker auf YouTube: Unterwegs in der fachosphère

Das Netz gilt als Agitationsplattform des Front National. Nun aber wehrt sich Jean-Luc Mélenchon, Präsidentschaftskandidat der Linken.

Amtsenthebung und Kandidatur: Hollande bleibt vorerst

Die französische Opposition wirft Staatschef Hollande Geheimnisverrat vor. Der will noch überlegen, ob er ein weiteres Mal antritt.

Kommentar Frankreichs Präsi-Kandidaten: Jung, dynamisch, aber sonst?

Ex-Wirtschaftsminister Emmanuel Macron verkündet seine Präsidentschaftskandidatur – er outet sich wie Donald Trump als Systemgegner.

Vorwahl der französischen Konservativen: Alle gegen die „Eliten“

Die konservativen Republikaner nominieren ihren Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2017: Juppé oder Sarkozy lautet die Qual.

Vorwahl der Konservativen in Frankreich: Seitensprung gegen Sarkozy

Linke Wähler in Frankreich wollen den Ex-Präsidenten bei der Vorwahl der Konservativen stoppen. Dafür greifen sie zu einem legalen Trick.

Wahlkampfkosten des Front National: Anklage wegen Finanzaffäre

Tricksereien für staatliche Zuwendungen: Die französischen Rechtsextremen sollen Wahlkampfkosten künstlich in die Höhe getrieben haben.

Präsidentschaftswahl in Frankreich: Ein Mann tritt aus dem Schatten

Nicolas Sarkozy will zurück in den Élysée. Dazu spielt er perfekt auf der Klaviatur von Angst und Vorurteilen. Damit könnte er sogar durchkommen.