taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Martin Schulz for Bundeskanzler
Ein trockener Alkoholiker im Amt? Schulz’ Erfahrung als Trinker hat immenses politisches Gewicht. Das hätte Vorteile auf diplomatischem Parkett.
Die Bunte hat mal wieder einen Scoop gelandet: Für ihre aktuelle Ausgabe hat das Fachblatt für die Suchtprobleme des frühen Martin Schulz den EU-Parlamentspräsidenten erneut ans Telefon bekommen. Schon im Mai 2014, vier Tage vor der Europawahl, hatte das Magazin ein Interview mit dem damaligen SPD-Spitzenkandidaten veröffentlicht („Ich ertrug mein Leben nur mit Alkohol!“). Jetzt, da Schulz um die Kanzlerkandidatur ringt, legt es mit neuen Zitaten nach („Schon während der Lehre habe ich kräftig getrunken!“).
Wer nun eine Abo- und/oder Genossenschaftskündigung erwägt, weil die taz ihre wertvolle Druckerfarbe mal wieder für trivialen Klatsch vergeudet, liegt falsch: Schulz’Erfahrung als Trinker hat immenses politisches Gewicht. In diplomatischer Hinsicht wäre ein trockener Alkoholiker im Kanzleramt ein absoluter Glücksfall.
Es ist nämlich so: Dass der iranische Präsident Rohani nach dem Ende der Atomsanktionen zwar halb Europa besucht hat, aber noch immer nicht in Berlin empfangen wurde, liegt nicht an Teherans Vernichtungsfantasien gegenüber Israel oder der Hinrichtungswelle der vergangenen Monate. Nein, im Regierungsviertel kursiert eine andere Erklärung: Angeblich scheitert der Besuch daran, dass sich die Protokollabteilung des Kanzleramts weigert, dem Gast ein Abendessen ohne Alkohol zu bereiten.
Die Geschichte klingt plausibel. Laut französischen Medien wäre schon Rohanis Besuch im Élysée-Palast beinahe daran gescheitert, dass die iranische Delegation auf einem Bankett ohne Rotwein bestand. Für einen aufrechten Franzosen kommt so viel vorauseilende Gastfreundschaft natürlich nicht infrage. Am Ende stand ein schaler Kompromiss: Rohani durfte kommen, bekam aber überhaupt nichts zu essen.
Ein Bundeskanzler Schulz würde einen viel eleganteren Ausweg ermöglichen: Die Protokollabteilung gewährt Rohani seinen Halal-Staatsbesuch und kann trotzdem das Gesicht wahren. Eingeknickt? Ach was. Alles nur medizinische Rücksichtnahme auf den Gastgeber.
22 Oct 2016
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