taz.de -- Kongos Ex-Vizepräsident vor Gericht: Schlecht geschmiert

Jean-Pierre Bemba und sein Verteidigerteam kauften Zeugen und regten sie zu Lügen an. Der Internationale Strafgerichtshof befand sie für schuldig.
Bild: Bemba im März in Den Haag

Berlin taz | Erstmals hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag Verteidiger eines Angeklagten verurteilt. Der Kongolese Jean-Pierre Bemba, der im März wegen Kriegsverbrechen seiner Truppen in der Zentralafrikanischen Republik schuldig gesprochen worden war, wurde am Mittwochnachmittag zusammen mit seinen vier Anwälten der „korrupten Beeinflussung“ von Zeugen unter Paragraf 70 des Rom-Statuts über „Straftaten gegen die Rechtspflege“ für schuldig befunden.

Konkret ging es um 14 Zeugen der Verteidigung, die Bemba entlasten sollten, als er zwischen 2010 und 2016 in Den Haag vor Gericht stand. Auf Betreiben des Angeklagten hätten zwei der Anwälte zwischen 2011 und 2013 den Zeugen ihre Aussagen im Detail vorgegeben und damit letztendlich als Mittäter bei Falschaussagen gewirkt. Zeugen seien zum Lügen angeregt und geschmiert worden.

Es habe einen „gemeinsamen Plan“ Bembas und zwei seiner Verteidiger gegeben, „die Verfahrenskammer zu täuschen“, so der Richter Bertram Schmitt. Zwei weitere Anwälte seien nur in Teilen schuldig. Unter anderem hätten Zeugen Geschenke oder auch Geld erhalten – mal 600 oder 800 Euro, mal 1.300 US-Dollar. Zwei Zentralafrikanern habe man 10 Millionen CFA-Franc (über 15.000 Euro) und ein Aufenthaltsrecht in Europa angeboten, damit sie im Sinne des Angeklagten aussagen.

Die vier Anwälte waren am 23. und 24. November 2013 während einer Verhandlungspause im Bemba-Prozess in einer spektakulären Operation in mehreren Ländern festgenommen worden, nachdem die Anklagebehörde wenige Tage zuvor Haftbefehle erwirkt hatte, und wurden nach Den Haag überführt. Sie blieben nicht in Haft, sondern kamen unter Auflagen frei. Ihr Prozess begann am 29. September 2015.

Acht Zeugen bestätigten die Vorwürfe

Vor Gericht legte die Anklage Beweise vor, wonach zehn Zeugen insgesamt 6.155 Euro von Bemba über die Anwälte erhielten. Acht der Zeugen bestätigten vor Gericht die Vorwürfe. Die angeklagten ehemaligen Verteidiger wiesen im Gegenzug darauf hin, dass auch die Anklagebehörde des Strafgerichtshofs Zeugen bezahle oder materiell unterstütze. Außerdem habe es keinen Grund zu der Annahme gegeben, dass die Vorgespräche mit den Zeugen zu Falschaussagen führen würden.

Das Gericht gab nun im Wesentlichen der Anklage recht. Es gehe nicht darum, normales Verteidigerverhalten zu kriminalisieren, sondern um „eindeutiges kriminelles Verhalten“ mit dem „Ergebnis schwerer Vergehen gegen die Justiz“, so der Richter abschließend: „Das Gericht ist nicht bereit zuzulassen, dass seine Verfahren behindert oder zerstört werden.“

19 Oct 2016

AUTOREN

Dominic Johnson

TAGS

Kongo
Jean-Pierre Bemba
Internationaler Strafgerichtshof
Bestechung
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Jean-Pierre Bemba
Gambia
Jean-Pierre Bemba
Joseph Kabila
Zentralafrika

ARTIKEL ZUM THEMA

Kongolese noch nicht frei: An Bemba scheiden sich die Geister

Der internationale Strafgerichtshof hat die Entscheidung über die endgültige bedingungslose Freilassung von Jean-Pierre Bemba vertagt.

Nach Freispruch in Den Haag: Jean-Pierre Bemba wirbelt Kongo auf

Zehn Jahre saß der Ex-Warlord beim Internationalen Strafgerichtshof in Haft. Kehrt er jetzt nach seinem Freispruch in die Heimat zurück?

Wegweisendes Urteil in Den Haag: Haft für Jean-Pierre Bemba verlängert

Der Internationale Strafgerichtshof hat erstmals Haftstrafen wegen der Bestechung von Zeugen in einem Kriegsverbrecher-Prozess verhängt.

Gambia verlässt Haager Strafgerichtshof: Wegen Verfolgung von Afrikanern

Nach Burundi und Südafrika zieht sich auch Gambia vom Internationalen Strafgerichtshof zurück. Der Vorwurf: Er sei das „internationale kaukasische Gericht“.

Kriegsverbrecher-Prozess in Den Haag: Bemba muss 18 Jahre in Haft

Einer der einflussreichsten Politiker der DR Kongo muss 18 Jahre ins Gefängnis. Seine Truppen hatten in Zentralafrika gemordet, vergewaltigt und geplündert.

Kommentar UNO scheitert im Kongo: Halt, oder Haltung

Wahl verschoben, Widersacher inhaftiert: Alle Versuche, aus der Republik Kongo eine Demokratie zu machen, scheitern. Die UNO muss endlich handeln.

Kommentar Urteil Jean-Pierre Bemba: Schwierige Wahrheitsfindung

Der Horizont des Prozesses war zu begrenzt, um die Konflikte im Kongo und in Zentralafrika aufzuarbeiten. Kein gutes Signal für das Völkerstrafrecht.