taz.de -- Kommentar Kandidaten für Rot-Rot-Grün: Und der Sieger ist…

Bei Personalentscheidungen auf Bundesebene, die bei SPD, Linken und Grünen anstehen, könnte es spannend werden. Wird es aber wohl nicht.
Bild: Sigmar Gabriel, seit gefühlten dreißig Jahren SPD-Chef – und unbeliebter denn je

Wow, die Aussichten auf die Bundestagswahl werden immer interessanter! Es gibt vielleicht doch noch die Möglichkeit, eine neue Regierung ohne CDU/CSU zu bilden, nämlich Rot-Rot-Grün, von Insidern auch liebevoll-kryptisch R2G genannt. Vielleicht kommen die noch verbliebenen Linksliberalalternativen jetzt endlich mal in Schwung.

So konnte man nach der Berlin-Wahl und dem [1][Entschluss zu einer entsprechenden Testkoalition] in der Hauptstadt denken. Auch im Bund schienen die neuen Verhältnisse neue Vorstellungen zu wecken.

Die ersten Personalentscheidungen, die sich jetzt bei SPD, Linkspartei und Grünen abzeichnen, pusten den leisen Hauch von Enthusiasmus aber sofort wieder davon. Langweiliger und trostloser könnte die Kandidatenkür nicht losgehen: Der mächtigste SPD-Verband NRW plädiert für – na? Richtig: Sigmar Gabriel, seit gefühlten dreißig Jahren SPD-Chef und unbeliebter denn je. Bei den Linken stellen sich Sahra Wagenknecht (links) und Dietmar Bartsch (rechts), deren konträre Ansichten seit dem Mauerfall bekannt sind, vorsichtshalber gleich mal selbst auf. Und glauben damit durchzukommen.

Hallo?! Basisbeteiligung? Vorwahlen? Wenigstens offene Debatten, in deren Verlauf inhaltliche und personelle Überraschungen möglich wären? In denen die KandidatInnen gezwungen wären, für ihre Ideen zu werben, bevor sie sich den WählerInnen stellen? Schon mal von Sanders, Corbyn oder den französischen Sozialisten gehört, die mit parteiinterner Mitbestimmung neues Interesse und neue Mitglieder anwarben? Hier offenbar nicht erwünscht. Könnte ja die mühsam zusammengeflickten Flügel stören.

Bei den Grünen wird immerhin auf offener Bühne gekämpft. Das Ergebnis ist aber auch nur bei den Männern offen. Der Frauenplatz ist bereits für Katrin Göring-Eckardt reserviert. Und die steht für vieles, aber sicher nicht für neue linksliberalalternative Ideen.

29 Sep 2016

LINKS

[1] /Abgeordnetenhauswahl-2016/!5341970

AUTOREN

Lukas Wallraff

TAGS

Lesestück Meinung und Analyse
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Die Linke
Berlin
SPD
Bündnis 90/Die Grünen
R2G Berlin
R2G Berlin
R2G Berlin
Arbeit
Die Linke
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Schwerpunkt Wahlen in Berlin

ARTIKEL ZUM THEMA

Rot-rot-grünes Sondierungsgespräch: Das wird keine Liebesheirat

Abgeordnete der drei Parteien diskutieren über mögliche Bündnisse. Schuldzuweisungen unterbleiben, aber Sympathie sieht anders aus.

Kommentar zu Rot-Rot-Grün: Fehlt nur noch ein Kandidat

Die gesellschaftliche Linke ist skeptisch, der rechte Flügel sieht R2G als reale Gefahr an. Das Bündnis ist die einzige Alternative zu Angela Merkel.

Alternative zur Großen Koalition: Kuscheln mit Rot-Rot-Grün

Bei einem Treffen von SPD, Linken und Grünen in Berlin ging es sehr harmonisch zu. CDU-Generalsekretär Tauber nennt derweil die Linke eine „rote AfD“.

Debatte Lohn und Kosten der Arbeit: Ein Projekt für Rot-Rot-Grün

Deutschland muss die Löhne erhöhen, um die Eurozone zu stabilisieren. Die Sozialversicherungsbeiträge könnten neu aufgeteilt werden.

Linksparteizoff über Spitzenkandidatur: Umstrittene Selbstkrönungen

Die Ostländerschefs sind verärgert über Wagenknecht und Bartsch. Die wollen sich als Spitzenkandidatenduo für die Bundestagswahl durchsetzen.

Rot-rot-grüne Planungen im Bund: Größere Lockerungsübung

SPD, Linke und Grüne planen einen „Trialog für eine progressive Politik“. Klingt steif, könnte aber der Anfang von R2G im Bund werden.

Nach der Wahl in Berlin: Lasset die Verhandlungen beginnen

Die Spitzen von Rot-Rot-Grün sind sich einig, sie wollen Koalitionsgespräche aufnehmen. Ein Streitpunkt könnten die Finanzen werden.