taz.de -- Aus für Flüchtlingsheimbetreiber in Berlin: Hassmails in der Hauspost

Von einer „Kinderguillotine“ war in internen Mails die Rede und von „maximal Pigmentierten“. Das war am Ende auch dem Senat zu viel.
Bild: Ein Flüchtlingsheim der Pewobe in Berlin-Hellersdorf

Berlin taz | Das war es wohl für den umstrittenen Flüchtlingsheimbetreiber Pewobe. Nachdem die B.Z. am Wochenende einen E-Mail-Verkehr zwischen der Geschäftsführerin Birgit B., der Prokuristin und Heimleiterin Peggy M. veröffentlicht hatte, hat Sozialsenator Mario Czaja (CDU) nun die Reißleine gezogen. „Ich habe heute den Auftrag erteilt, alle Betreiberverträge mit der Pewobe fristlos zu kündigen“, teilte Czaja am späten Sonntag Nachmittag mit.

Bei dem Mailverkehr war es um die Verwendung einer 5.000-Euro-Spende von BMW gegangen. Im Gespräch war unter anderem ein Sandkasten für ein Heim in Lichtenberg. Der sei „bei unseren Bewohnergruppen ganz schnell ein Aschenbecher oder ein heimisches Klo“, schrieb Heimleiterin Peggy M., jene Frau, deren DVU-Vergangenheit kürzlich bekannt wurde. Stattdessen schlug sie neben einem Basketballkorb eine „Kinderguiolltine“ vor, wohl eine Kinderguillotine. Ihre Geschäftsführerin hielt das für „einen total guten Vorschlag“ und „mal was anderes als das Standardprogramm“.

In der Folge wurde darüber fabuliert, wer von den Bewohnern zuerst geköpft werden solle. Die „max. Pigmentierten?“ Oder sollten die „in der Reihe eben weiter nach hinten“ rücken, um zuerst den Dreck von den Enthauptungen der anderen wegzumachen?

„Stark Pigmentierte“ oder auch „maximal Pigmentierte“ sind Begriffe, die Nazis in ihrer internen Kommunikation verwenden, um das Wort „Neger“ zu vermeiden, das eine Beleidigung und damit eine Straftat darstellen könnte. Solche Nazi-Codes kennen nicht viele Menschen, man muss schon in Nazikreisen verkehren oder etwa ihre Webseiten lesen, um das zu verstehen.

Auch über die Anschaffung eines Krematoriums wurde in dem Mailverkehr fantasiert. „Der Vorteil ist, dass wir dann auch unser Umweltzertifikat wiederbekommen, weil wir die Abwärme sicher und zielführend einsetzen können. Wir sind so gut.“ Das schrieb nicht irgendjemand, sondern die Geschäftsführerin einer Firma, die Flüchtlingsheime betreibt. Und ihre Prokuristin und ehemalige DVU-Politikerin Peggy M. verlor sich in solchen Details wie jenes, bei welcher Temperatur das Krematorium betrieben werden solle.

Bevor Czaja die Verträge mit der Pewobe kündigte, hatte die Geschäftsführerin der taz ein Hintergespräch angeboten, um dort ihre Position darzustellen. Gegenüber der B.Z. hat der Anwalt der Firma zuvor sämtliche Äußerungen als aus dem Zusammenhang gerissen, nicht ernst gemeint und zudem nicht im dienstlichen Rahmen geäußert dargestellt. Die Echtheit der Mails hatte der Anwalt nicht in Zweifel gezogen.

Mario Czaja hatte sich zunächst entsetzt gezeigt, als er die Auszüge aus den Mails gelesen hatte, die ihm anonym zugespielt worden waren. Er habe die Aussagen dem Verfassungsschutz übergeben und prüfe, ob die Pewobe noch als Betreiber von Flüchtlingsunterkünften geeignet sei.

Das hatte auch Linken-Landeschef Klaus Lederer für notwendig gehalten. „Wenn immer wieder von Ehrenamtlern und Medien der Eindruck vermittelt wird, dass hier Rassisten und Rassistinnen am Werk sind, muss der Staat dem nachgehen und er hätte es schon längst tun müssen.“

Er forderte die Staatsanwaltschaft auf, die Mails auf strafrechtlich relevante Inhalte zu prüfen.

Die SPD-Abgeordnete Ülker Radziwill hatte gefordert, dass die Pewobe kein Vertragspartner für das Land Berlin mehr sein dürfe. „Für mich ist es unfassbar, dass Menschen mit diesem Gedankengut hier in der Verantwortung stehen, Flüchtlingen Schutzräume zu geben.“ Die Firma Pewobe stehe schon länger wegen anderer Vorwürfe in der Kritik. Da hätte Czaja längst handeln müssen. Am Dienstag steht das Thema auch auf der Tagesordnung des Senats. Die Pewobe betreibt in Berlin neun Flüchtlingsheime. Für das Heim in der Hellersdorfer Maxi-Wander-Straße hat der Senat den Vertrag nach eigenen Angaben bereits fristgerecht gekündigt. Nach Senatsangaben war mindestens ein weiterer Vertrag, nämlich der für das Heim in der Neuköllner Späthstraße, seit Monaten ausgelaufen. Der Senat hatte aber noch keine Zeit, ihn neu auszuschreiben.

Nun muss sich Mario Czaja die Zeit nehmen.

14 Aug 2016

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Marina Mai

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