taz.de -- NPD-Abgeordneter vor dem OLG München: NSU bereits 2002 erstmals erwähnt

Eine rechtsradikale Szenezeitschrift soll 2002 Post vom NSU erhalten haben – mit einer Geldspende. Petereit räumt ein, für einen Dankestext verantwortlich zu sein.
Bild: Will den Text ohne Mitwissende verfasst haben: der NPD-Landtsagsabgeordnete David Petereit

München dpa | Der NPD-Landtagsabgeordnete David Petereit aus Mecklenburg-Vorpommern hat im NSU-Prozess eingeräumt, für einen Dankestext „an den NSU“ in einer Szenezeitschrift von 2002 verantwortlich zu sein. Es handelt sich dabei um die erste öffentliche Erwähnung des Trios, die bisher bekannt ist.

„Ich gehe davon aus, dass ich das alles da reingesetzt habe“, sagte er am Mittwoch als Zeuge vor dem Münchner Oberlandesgericht. Er habe das Heft mit dem Titel „Der weiße Wolf“ allein produziert und keine Mitarbeiter gehabt. Nach seinen Worten kommt auch niemand sonst als Autor infrage. An den Anlass der Danksagung erinnere er sich nicht, sagte Petereit.

Als Beistand hatte er den Rechtsanwalt Michael Andrejewski mitgebracht, der ebenfalls NPD-Abgeordneter im Schweriner Landtag ist. Andrejewski wurde mehrmals vom Gericht gerügt, weil er Petereit auf unzulässige Weise Antworten in den Mund lege.

Nach Überzeugung der Ermittler hatte Petereit vor der Danksagung einen Brief des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ mit Geldscheinen erhalten. Der Brief, in dem sich der NSU vorstellt, war bei einer Durchsuchung in Petereits Wohnung entdeckt worden. Das Schreiben trägt ein Logo aus drei ineinander verschränkten Buchstaben N, S und U. Dieses wurde auch im „Paulchen Panther“-Video verwendet, in dem sich wohl die mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt mit den ihnen zugeschriebenen Taten brüsteten: zehn überwiegend rassistisch motivierten Morden und zwei Sprengstoffanschlägen.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte eingeräumt, das Szeneheft von seinem V-Mann „Corelli“ erhalten zu haben. Petereit sagte, er habe „Corelli“ alias Thomas Richter nur zufällig auf Veranstaltungen getroffen. Dieser habe ihm gleichwohl kostenlosen Zugang zu seinem Server angeboten, um dort Dateien für eine Website des „Weißen Wolfes“ zu speichern. Richter war 2014 gestorben.

Die Behörden machen geltend, sie hätten erst im November 2011 von der Existenz des NSU erfahren, nachdem Mundlos und Böhnhardt nach einem Bankraub in Eisenach entdeckt wurden und sich das Leben genommen haben sollen.

Als einzige Überlebende dieser Gruppierung steht Beate Zschäpe seit mehr als drei Jahren vor Gericht. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr Mittäterschaft vor.

14 Jul 2016

TAGS

NPD
Schwerpunkt Rechter Terror
NSU-Prozess
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Rechter Terror
Rechtsextremismus
Schwerin
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Rechter Terror
V-Leute
Corelli

ARTIKEL ZUM THEMA

Handys von Spitzel „Corelli“: Kein Hinweis auf NSU-Verbindungen

Jerzy Montag hat noch einmal Handys und SIM-Karten des Ex-V-Manns „Corelli“ auf NSU-Kontakte untersucht. Fündig wurde er nicht.

Sommerpause im NSU-Prozess: Die Fragen bleiben

Der NSU-Prozess macht vier Wochen Pause. Das Urteil verzögert sich weiter – nach über drei Jahren Verhandlung.

300. Verhandlungstag des NSU-Prozesses: Prozessstopp wegen Falschaussage

Der Prozess wurde unterbrochen, weil der Schatzmeister von „Blood & Honour“ behauptet, kein V-Mann gewesen zu sein. Der Verfassungsschutz hält dagegen.

Rechter will ins Schweriner Rathaus: Unerwünschter Kandidat

Der parteilose Uwe Wilfert darf nicht als Oberbürgermeister kandidieren. Nach Facebook-Posts gibt es Zweifel an seiner Verfasssungstreue

NSU-Prozess in München: „Grober Unfug“

Der einstige Thüringer V-Mann Tino Brandt sagt im NSU-Prozess aus. Richter und Ankläger drängen auf ein baldiges Ende.

V-Mann „Corelli“ im NSU-Komplex: Erst ein Handy, jetzt vier Sim-Karten

Der Verfassungsschutz findet bei sich erneut Unterlagen des Ex-Spitzels „Corelli“. Er gehört zu den strittigsten V-Leuten im gesamten Fall.

NSU in Thüringen: Mögliche neue V-Mann-Affäre

Es gibt Hinweise, dass ein Brüderpaar den NSU mit Waffen ausrüstete, gleichzeitig aber für das thüringische Landeskriminalamt tätig war.

Bundestag setzt NSU-Sonderermittler ein: Pannen und Merkwürdigkeiten

Die Aufklärung der NSU-Mordserie hinkt. Nun soll der Grünen-Rechtsexperte Jerzy Montag den Fall als Sonderermittler untersuchen.