taz.de -- Handys von Spitzel „Corelli“: Kein Hinweis auf NSU-Verbindungen

Jerzy Montag hat noch einmal Handys und SIM-Karten des Ex-V-Manns „Corelli“ auf NSU-Kontakte untersucht. Fündig wurde er nicht.
Bild: Hat keine neuen Erkenntnisse im Fall „Corelli“: Jerzy Montag

Berlin dpa | In der Affäre um den [1][ehemaligen V-Mann „Corelli“] hat die Auswertung aufgetauchter Handys und SIM-Karten nach einem Medienbericht keine Verbindungen zur rechtsextremen Terrorgruppe NSU ergeben.

Das ist das Ergebnis einer Untersuchung, die der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Jerzy Montag für das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages durchgeführt hat, wie rbb-Inforadio berichtet.

Das Bundeskriminalamt wertete demnach insgesamt 22 Mobiltelefone und zahlreiche SIM-Karten und andere Speichermedien aus, die der 2014 gestorbene Spitzel „Corelli“ oder sein V-Mann-Führer beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) verwendet hatten.

Dabei hätten sich „keine neuen Bezüge und Erkenntnisse zum NSU-Komplex“ ergeben, schreibt Montag nach rbb-Angaben in dem als „geheim“ eingestuften Bericht. In seinem Bericht kritisiert Montag unter anderem, dass es beim Bundesamt für Verfassungsschutz keinerlei Bestimmungen gegeben habe, wie mit ausrangierten Handys oder SIM-Karten von V-Leuten zu verfahren sei.

Ein Jahr nachdem Montag seinen ersten Untersuchungsbericht zum Fall „Corelli“ vorgelegt hatte, waren beim BfV ein großer Panzerschrank [2][voller Handys, SIM-Karten und anderer Materialien] „Corellis“ aufgetaucht. Trotz aller Untersuchungen rund um den NSU-Terror waren die Dinge vielfach noch nicht ausgewertet worden. Angesichts jahrelangen Behördenversagens gegenüber dem NSU-Terror sorgte das für Empörung.

„Corelli“ alias Thomas R. war fast 20 Jahre lang eine der Top-Quellen des Bundesamts für Verfassungsschutz in der rechtsextremen Szene, bis er 2012 enttarnt wurde. Nur anderthalb Jahre später [3][starb er in einem Zeugenschutzprogramm] überraschend im Alter von 39 Jahren. Die Todesumstände werden zur Zeit erneut untersucht.

Der Sachverständige, der ursprünglich als Todesursache eine unerkannte Diabetes-Erkrankung diagnostiziert hatte, hat inzwischen eingeräumt, dass Thomas R. auch an Rattengift gestorben sein könnte.

1 Sep 2016

LINKS

[1] /Corelli/!t5018842
[2] /Neue-Erkenntnisse-zum-Fall-Corelli/!5316942
[3] /Tod-des-V-Manns-Corelli/!5308662

TAGS

Schwerpunkt Rechter Terror
Corelli
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Rechter Terror
NPD
Hans-Georg Maaßen
Hans-Georg Maaßen

ARTIKEL ZUM THEMA

Fehlende NSU-Tatortspuren: „Schon etwas ungewöhnlich“

An keinem Tatort fanden sich Spuren des Trios um Beate Zschäpe. Für das BKA bleibt das ein Rätsel – erklärbar nur durch die Vorsicht der Terroristen.

Uwe Mundlos schrieb für Nazi-Magazin: Rechtschreibfehler verrieten ihn

Das NSU-Mitglied soll für das Nazi-Heft eines Zwickauer Spitzels geschrieben haben. Medienfeindlich waren seine Texte. Und voller Fehler.

Drei-Täter-These zum NSU: Die Wahrheit ist komplexer

Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschuss fordert, dass die Bundesanwaltschaft nach möglichen weiteren Mitgliedern sucht. Zu Recht.

NPD-Abgeordneter vor dem OLG München: NSU bereits 2002 erstmals erwähnt

Eine rechtsradikale Szenezeitschrift soll 2002 Post vom NSU erhalten haben – mit einer Geldspende. Petereit räumt ein, für einen Dankestext verantwortlich zu sein.

Neue Erkenntnisse zum Fall Corelli: Die Handy-Vermehrung

Immer mehr Handys des verstorbenen V-Manns tauchen auf. Inzwischen sind es 23. Der Verfassungsschutz gerät weiter in Erklärungsnot.

V-Mann „Corelli“ und der NSU: Die lange Leitung des Amtes

Laut Verfassungsschutz wurde das aufgetauchte Handy von „Corelli“ erst nach 2012 genutzt. Eine taz-Recherche zeigt: Das ist falsch.