taz.de -- Nachfolge von David Cameron nach Brexit: May tritt an, Johnson nicht

Die britische Innenministerin Theresa May und Justizminister Michael Gove wollen Regierungschef werden. Brexit-Befürworter Boris Johnson tritt nicht an.
Bild: Bald hier zu Hause? Theresa May verlässt 10 Downing Street

London afp/dpa | Die britische Innenministerin Theresa May bewirbt sich um die Nachfolge des scheidenden Premierministers David Cameron. Die 59-jährige Konservative kündigte ihre Kandidatur in der Nacht zu Donnerstag in der Zeitung The Times an. Neben May kandidieren Arbeits- und Rentenminister Stephen Crabb, der frühere Verteidigungsminister Liam Fox und Justizminister Michael Gove. Der ehemalige Londoner Bürgermeister Boris Johnson, den viele für den aussichsreichsten Kandidaten hielten, wird nicht kandidieren.

May hatte sich in der Vergangenheit mit einer EU-skeptischen Haltung profiliert, hatte im Vorfeld des Brexit-Referendums aber für einen Verbleib Großbritanniens in der EU geworben. In der Kampagne spielte sie indes keine prominente Rolle. May könnte sich der zerstrittenen Partei als Figur des Ausgleichs empfehlen. May versprach in ihrem von der Times veröffentlichten Schreiben „starke und bewährte Führungskraft, um uns durch diese Periode der wirtschaftlichen und politischen Ungewissheit zu führen und die bestmöglichen Verhandlungsergebnisse für ein Ausscheiden aus der EU zu erzielen“.

Gove erklärte, er sei „widerstrebend zu dem Schluss gekommen“, dass der ehemalige Londoner Bürgermeister Johnson nicht in der Lage sei, die notwendige Führerschaft zu übernehmen oder ein geeignetes Team zu bilden für die anstehenden Herausforderungen. Deshalb habe er sich entschieden, sich selbst um die Führung der Tories und das Amt des Premierministers zu bewerben.

Wenn es mehr als zwei Kandidaten gibt, wird das Bewerberfeld per Abstimmung der Tory-Abgeordneten verkleinert. Über die verbleibenden zwei Kandidaten sollen dann die rund 150.000 Parteimitglieder per Briefwahl abstimmen. Das Ergebnis wird für den 9. September erwartet. Cameron hatte nach dem Brexit-Votum seinen Rücktritt angekündigt. Er will es seinem Nachfolger überlassen, in Brüssel offiziell den Antrag Großbritanniens auf Austritt aus der EU zu stellen und die Verhandlungen darüber zu führen.

Machtkampf in der Labour-Partei

Auch in der oppositionellen Labour-Partei zeichnete sich [1][eine Neuordnung der Parteiführung ab]. Nach britischen Medienberichten will die Abgeordnete Angela Eagle dem bedrängten Parteichef Jeremy Corbyn in einer Kampfabstimmung den Labour-Vorsitz streitig machen. Offiziell bestätigt wurde dies zunächst aber nicht.

Die Labour-Fraktion revoltiert seit Tagen gegen den Parteilinken Corbyn und hatte ihm am Dienstag mit großer Mehrheit das Misstrauen ausgesprochen. Die Fraktion befürchtet, er könnte der Partei im Fall einer Neuwahl eine verheerende Niederlage einbrocken. Das Votum hat aber keine bindende Konsequenz, und Corbyn verweigert den Rücktritt. Sollte er bei einer erneuten Urwahl wieder gewinnen, stünde die Labour-Partei möglicherweise vor einer Spaltung.

Sogar David Cameron mischte sich n den Führungsstreit der Labour-Partei ein und rief Jeremy Corbyn zum Rücktritt auf. „In Gottes Namen, Mann, gehen Sie!“, rief der Regierungschef in einer Parlamentsdebatte am Mittwoch dem Oppositionsführer zu. Es sei zwar für die Konservativen nützlich, aber nicht im nationalen Interesse, wenn Corbyn weiter die Opposition führe.

30 Jun 2016

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