taz.de -- EU-Kriterien für die Visafreiheit: Erdoğan will nicht nachgeben
Für die Visafreiheit türkischer Staatsbürger in der EU soll das Land auch das Anti-Terror-Gesetz ändern. Doch der Präsident stellt sich quer.
Ankara afp | Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat eine der zentralen Forderungen der Europäischen Union bei der Abschaffung der Visumspflicht zurückgewiesen. „Die Europäische Union fordert von uns: Ändert das Anti-Terror-Gesetz für Visa!“, sagte Erdoğan am Freitag im türkischen Fernsehen. „In diesem Fall werden wir sagen: 'Wir gehen unseren Weg – und ihr geht euren.“
Änderungen an den Anti-Terror-Gesetzen gehören zu den 72 Kriterien, die von der Türkei für die Visafreiheit abgehakt werden müssen. Die EU-Kommission hatte vor wenigen Tagen erklärt, in einigen Bereichen müsse die Türkei noch die Bedingungen erfüllen. Die Anti-Terror-Gesetze gehören dazu. Die weitreichenden Anti-Terror-Bestimmungen in der Türkei entsprechen nach Auffassung der EU-Staaten nicht den europäischen rechtsstaatlichen Normen.
Die Türkei erwartet von der EU den Wegfall der Visa-Pflicht, sofern sie ihrerseits die Vereinbarungen aus dem März über die Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise einhält. Vor Erdoğan hatte bereits der türkische EU-Minister Volkan Bozkir gesagt, Ankara lehne die Forderung nach einer Änderung der Anti-Terror-Gesetze ab. Die Türkei werde nicht die Definition von „Terrorismus“ weiter einengen, sagte Bozkir. „Angesichts des intensiven Kampfes gegen den Terrorismus können wir uns nicht den Luxus erlauben, diese Änderungen vorzunehmen.“
Türkische Sicherheitskräfte liefern sich seit Monaten heftige Gefechte mit kurdischen Rebellen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Zugleich verfolgt Ankara Anhänger des Islamischen Staates (IS) und mehrerer linksextremer Gruppen.
6 May 2016
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