taz.de -- Verfassungsschutz-Präsident warnt: IS-Terror auch in Deutschland möglich
Hinweise auf konkrete Anschlagspläne gebe es nicht, so Hans-Georg Maaßen. Aber Deutschland sei ein potenzielles Ziel des IS. Dieser versuche, Flüchtlinge anzuwerben.
BERLIN rtr | Deutschland ist nach Einschätzung von Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen im Visier der radikal-islamischen IS-Miliz. „Der IS will auch Anschläge gegen Deutschland und deutsche Interessen durchführen“, sagte Maaßen der Welt am Sonntag. Dazu werde in der Propaganda des sogenannten Islamischen Staates aufgerufen.
„Deutsche Städte werden in einem Zusammenhang mit anderen Metropolen wie Paris, London oder Brüssel genannt“, sagte Maaßen. Er halte die Sicherheitslage für sehr ernst, es lägen aber derzeit keine Erkenntnisse über konkrete Pläne für Anschläge in Deutschland vor.
„Das islamistisch-terroristische Potenzial liegt bei etwa 1100 Personen“, sagte Maaßen. Hinzu kämen 8650 Salafisten. „Die Zahl steigt praktisch täglich.“ Islamisten versuchten auch, Flüchtlinge für sich zu gewinnen. So seien bereits rund 300 Anspracheversuche gezählt worden, sagte der Präsident des Verfassungsschutzes. „Sorgen machen mir vor allem die vielen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Diese Gruppe wird gezielt angeworben.“ Das seien aber nur die gemeldeten Fälle, die tatsächliche Zahl sei viel höher.
Dass der IS den Flüchtlingsstrom nutzt, hätten die Sicherheitsbehörden von Anfang an für eine Option gehalten, sagte Maaßen. „(Wir) hielten es aber für weniger wahrscheinlich.“ Dennoch habe der IS seine Leute unter die Flüchtlinge gemischt. Ein großes Problem sei dabei, dass etwa 70 Prozent der einreisenden Flüchtlinge keine gültigen Pässe vorlegten.
Der IS sucht nach Einschätzung Maaßens nicht nur die militärische Auseinandersetzung in Syrien, sondern verübt in vielen Regionen der Welt Anschläge. „Der Begriff ‚Terror‘ verniedlicht deshalb den IS. Wir haben es vielmehr mit einer kriegerischen Auseinandersetzung zu tun.“
10 Apr 2016
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Koalition hat sich auf Maßnahmen gegen den Terrorismus geeinigt. Geheimdienste sollen stärker zusammenarbeiten.
Die belgische Polizei hat offenbar zwei weitere Komplizen der Attentäter vom 22. März festgesetzt. Sie sollen ein Versteck für einen Angreifer angemietet haben.
In einem Jahr hat sich die Zahl der IS-Kämpfer in Libyen nach Angaben der USA verdoppelt. Es sollen bis zu 6.000 aktiv sein. Sie haben aber weniger Einfluss als in Syrien.
Die Anschläge von Brüssel werden auch Thema auf dem diesjährigen Ostermarsch am Sonnabend sein, sagt Organisatorin Laura von Wimmersperg.
Das abgesagte Istanbuler Derby steigert die Verunsicherung unter den ausländischen Fußballprofis. Es zeigt, wie real die Bedrohung ist.
Wegen Terrorgefahr werden deutsche Einrichtungen vorübergehend geschlossen. Und Erdoğan kennt nur noch Freund und Feind.