taz.de -- Anti-Terror-Maßnahmen der Koalition: Offene Grenzen für Dateien

Die Koalition hat sich auf Maßnahmen gegen den Terrorismus geeinigt. Geheimdienste sollen stärker zusammenarbeiten.
Bild: Bei der Vorstellung der Ergebnisse: Maas, de Maizière, Gabriel, Merkel, Seehofer, Nahles (v.l.n.r.)

Berlin taz | Nach den Anschlägen von Paris und Brüssel hat sich die große Koalition auch auf zahlreiche Maßnahmen im Anti-Terror-Kampf geeinigt. Der dreiseitige Katalog, der schlicht mit „Handlungsbedarf Terrorismusbekämpfung“ überschrieben ist, geht auf einen Vorschlag von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) zurück.

Die Koalition sagt den Sicherheitsbehörden darin mehr Geld und Personal zu. Wie viel, das bleibt allerdings offen. Auch die Befugnisse werden erweitert. So sollen Verfassungsschutz und BND künftig mit den Geheimdiensten von Partnerländern – EU- und Nato-Staaten sowie die Schweiz, Norwegen und Israel – gemeinsame Dateien führen können. Bislang ist es ihnen nur erlaubt, sich mit den Behörden anderer Länder über Einzelpersonen auszutauschen. Nun sind zum Beispiel gemeinsame Dateien über islamistische Gefährder möglich.

In Bestandsdaten von Telekommunikationsunternehmen sollen die Sicherheitsbehörden eine automatisierte Suche auch mit unvollständigen Namensbestandteilen durchführen dürfen, um Terrorverdächtige aufzuspüren. Bislang ist dies nur mit konkreter Namensnennung erlaubt. „Eine Höchstgrenze der gemeldeten Treffer wird aus Datenschutzgründen festgesetzt“, heißt es in dem Papier.

Provider und Händler sollen verpflichtet werden, auch bei Prepaid-Handys die Namen und Adressen der Kunden festzustellen. Auch wird die Internet-Branche aufgefordert, in einer freiwilligen Selbstverpflichtung aktiv gegen Terror-Propaganda in ihren Netzwerken vorzugehen.

Spitzeln unter Schleusern

Verurteilte Unterstützer einer „terroristischen Vereinigung“ sollen unter „Führungsaufsicht“ gestellt werden können. Auch gegen Schleuser wird vorgegangen: Die Bundespolizei soll hier künftig verdeckte Ermittler präventiv einsetzen können. Das ist bislang nicht erlaubt.

Deutschland sei gut aufgestellt, „um der terroristischen Herausforderung zu begegnen“, heißt es in dem Koalitionspapier. Zusätzliche Maßnahmen seien aber erforderlich.

Kritik kam von der Opposition. Die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic sprach von einem „wilden Strauß symbolpolitischer Sprechblasen“. Ein Sicherheitsgewinn scheine „äußerst zweifelhaft“. Dafür spräche etwa das Vorgehen gegen Schleuser, das den Blick auf Flüchtlinge lenke und „an der realen Gefahrenanalyse vorbeigeht“. Auch Frank Tempel (Linke) sagte, größere Datensätze seien keine Hilfe. Es brauche eine „wirkliche Zusammenarbeit“ der Behörden und deutlich mehr Personal.

14 Apr 2016

AUTOREN

Sabine am Orde
Konrad Litschko

TAGS

Geheimdienst
Schleuser
Schwarz-rote Koalition
Terrorabwehr
Datenschutz
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Flucht
Terrorismus
Flüchtlinge
Hans-Georg Maaßen

ARTIKEL ZUM THEMA

Regelungen im Datenschutz: Keine Abfrage ins Blaue

Das Bundesverfassungsgericht fordert Nachbesserungen am Gesetz zur Bestandsdatenauskunft. Kleinere Vergehen sind kein Anlass dafür.

Geplanter IS-Anschlag in Düsseldorf: Keine Entwarnung

Deutsche Sicherheitsbehörden nehmen eine Terrorzelle hoch. Die Syrer sollen vom IS geschickt worden sein – über die Balkanroute.

Kommentar Integrationsgesetz: Nur ein weiteres Asylpaket

Die Koalition hat den Entwurf für ein Integrationsgesetz vorgelegt. Statt Integration zu fördern, werden strengere Auflagen für Flüchtlinge vorgestellt.

Koalition einigt sich auf Integrationsgesetz: Fördern und fordern

CDU, CSU und SPD haben sich auf Maßnahmenpakete zur Integration und zur Terrorismusabwehr verständigt. Weitere strittige Punkte blieben zunächst offen.

Bundesrichter kritisiert Asylverschärfung: Rechtsstaatlichkeit nicht gesichert

Erfahrene Richter und Juristen kritisieren die erneute Asylverschärfung. Sie befürchten, dass vielen Flüchtlingen der Weg zum Anwalt versperrt wird.

Verfassungsschutz-Präsident warnt: IS-Terror auch in Deutschland möglich

Hinweise auf konkrete Anschlagspläne gebe es nicht, so Hans-Georg Maaßen. Aber Deutschland sei ein potenzielles Ziel des IS. Dieser versuche, Flüchtlinge anzuwerben.