taz.de -- Afghanistan als sicheres Herkunftsland: Taliban-Aussagen als Begründung
Auf eine Anfrage der Linksfraktion begründet die Bundesregierung, warum Afghanistan angeblich sicher für abgeschobene Flüchtlinge ist.
Berlin taz | Um Abschiebungen nach Afghanistan zu rechtfertigen, beruft sich die Bundesregierung auf Aussagen der Taliban. Das geht aus einer Antwort auf eine Bundestagsanfrage der Linksfraktion hervor. Darin schreibt das Innenministerium, dass in Afghanistan vor allem westliche Staatsbürger, Soldaten und örtliche Behörden im Visier von Aufständischen seien. Für Zivilisten sei die Bedrohung dagegen geringer, „da die Talibanführung ihre Kämpfer wiederholt glaubhaft und deutlich angewiesen hat, zivile Opfer zu vermeiden und zivile Infrastruktur zu schonen“.
Die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke spricht ob dieser Argumentation von einer „Talibanisierung der deutschen Flüchtlingspolitik“. Die positive Darstellung der Sicherheitslage in den Taliban-Hochburgen setze den Darstellungen der Bundesregierung die Krone auf. „Die Regierung nimmt Verlautbarungen der Taliban-Führung, Zivilisten zu schützen, für bare Münze. Seit wann orientiert sich die Bundesregierung an Verlautbarungen der Taliban?“, sagt Jelpke.
Bislang schieben deutsche Behörden fast keine Afghanen in ihre Heimat ab. Im Februar schickte das Innenministerium öffentlichkeitswirksam ein Flugzeug mit 125 abgelehnten Asylbewerbern nach Kabul, diese hatten sich aber freiwillig zur Ausreise gemeldet. Wegen der hohen Zahl der Afghanen, die im vergangenen Jahr als Flüchtlinge in Deutschland ankamen, wollen Innenminister vom Bund und Ländern künftig häufiger abschieben.
Die Bundesregierung verhandelt mit der afghanischen Regierung über ein Rücknahmeabkommen. Laut Innenministerium gebe es „vergleichsweise stabilen“ Gegenden, in die könnten Afghanen zurückkehren. In ihrer Anfrage wollten die Linken-Abgeordnete Jelpke wissen, welche Regionen das konkret sind. Das Innenministerium antwortete: Die Lage in den „meisten urbanen Zentren“ gelte als „ausreichend kontrollierbar“. Für das gesamte Land bestehe aber „eine mindestens abstrakte Gefahr von Kampfhandlungen oder Attentaten“, denen auch Zivilisten zum Opfer fallen könnten
17 Apr 2016
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