taz.de -- Der Fall Volker Beck: Grüner mit Drogenproblem

Ob der Politiker die Affäre politisch auf lange Sicht überlebt, ist offen. Er steht nicht zum ersten Mal mit einem schwierigen Thema im Fokus.
Bild: Beck selbst teilte in einer schriftlichen Erklärung mit, er habe „immer eine liberale Drogenpolitik vertreten.“

Erste Reaktionen aus dem persönlichen Umfeld liefen immer auf diesen Satz hinaus: Wie kann man nur so bescheuert sein, sich damit erwischen zu lassen! Aber ihm ist das passiert, Volker Beck, einer der prominentesten Grünen-Politiker im Lande.

Weil er am Dienstagabend am Berliner Nollendorfplatz von der Polizei nach Auskunft der Staatsanwaltschaft mit 0,6 Gramm einer „betäubungsmittelsuspekten Substanz aufgefunden“ wurde, nun also ein strafrechtliches Verfahren wegen eines Drogendelikts gegen ihn möglich ist, trat der in seiner Partei prominenteste Politiker für innen- und rechtspolitische Fragen am Mittwoch von all seinen Ämtern zurück.

Beck selbst teilte in einer schriftlichen Erklärung mit, er habe „immer eine liberale Drogenpolitik vertreten. Zu den gegen mich erhobenen Vorwürfen wird mein Anwalt zu gegebener Zeit eine Erklärung gegenüber der Staatsanwaltschaft abgeben. Ich werde mich dazu öffentlich nicht einlassen.“

Ob er diese delikate Drogenaffäre politisch auf längere Sicht überlebt, ist offen, sein Bundestagsmandat behält er jedenfalls. Volker Beck, der wichtigste Politiker in der Bundesrepublik, wenn es um Gleichstellung Homosexueller auch im Eherecht geht, hat mit Mühe erst vor gut zwei Jahren eine Debatte über die Begünstigung Pädosexueller in der grünen Frühgeschichte überstanden.

Er war dabei erwischt worden, heutzutage pädofreundlich deutbare Texte mitverantwortet zu haben. Beck, bis zur Bundestagswahl eine Macht in der grünen Fraktion als deren Geschäftsführer, zog sich von diesem Posten zurück – und wurde doch kein Hinterbänkler. Sein rechtspolitisches Engagement profilierte ihn gerade im Hinblick auf die aktuelle Flüchtlingspolitik der Großen Koalition.

Beck, wie so viele TV-dauerpräsente Politiker dauerwach und unanfechtbar wirkend, steht, mit welcher Substanz auch immer er erwischt worden sein könnte, nach wie vor in der ersten Reihe der politischen Debatte: Sofern er kein Dealer war – und nichts spricht für dafür –, wird das Delikt allenfalls milde geahndet. Einer nächsten Bundestagskandidatur Becks sollte sich seine Parteibasis in Nordrhein-Westfalen nicht verschließen.

2 Mar 2016

AUTOREN

Jan Feddersen

TAGS

Schwerpunkt Volker Beck
Drogen
Bündnis 90/Die Grünen
Berlin-Schöneberg
Bundestag
Bundestag
Schwerpunkt Volker Beck
Schwerpunkt Volker Beck
Schwerpunkt Volker Beck
Bundestag
Schwerpunkt Volker Beck
Flüchtlinge
Schwerpunkt Pegida
Menschen
Schwulen- und Lesbenpolitik

ARTIKEL ZUM THEMA

Schöneberger Kiez nach dem Fall Beck: Von der Wahrheit weit entfernt

Der Grünenpolitiker wurde im Schwulenkiez mit einer „drogenähnlicher Substanz“ erwischt. Erschüttert das die schwule Gemeinde? Eine Spurensuche.

Drogenfund bei Grünen-Politiker Beck: Bundestag hebt Immunität nicht auf

Die Staatsanwaltschaft hat dem Bundestag geschrieben, sie wolle prüfen, ob sie gegen Volker Beck ermittelt. Das reicht aber nicht, um dessen Immunität aufzuheben.

Drogenvorwürfe gegen Volker Beck: „Ein menschliches Drama“

Spitzenpolitiker der Grünen gehen weiter auf Distanz zu ihrem Parteifreund. Sie warnen aber vor Vorverurteilungen im Wahlkampf.

Volker Beck als Bundestagsmitglied: Should he stay or should he go?

Volker Beck soll mit Drogen erwischt worden sein. Er hat seine Ämter niedergelegt. Sein Bundestagsmandat hat er behalten. Richtig so?

Diskussionen um Becks Drogenkonsum: Grüne geißeln und streicheln

Die Realos distanzieren sich von Volker Beck. Andere verweisen auf die grüne Forderung nach einer Entkriminalisierung von Drogen.

Kommentar Reaktionen auf Beck: Rette sich, wer kann

Nach Volker Becks Amtniederlegung sind viele Grüne schnell auf Distanz gegangen. Doch diese Vorsicht wirkt wenig souverän.

Reaktionen auf den Rücktritt Volker Becks: Distanzierung und Bedauern

Winfried Kretschmann sieht wegen der Drogenvorwürfe ein „schweres Fehlverhalten“, Cem Özdemir begrüßt die schnellen Konsequenzen. Die Linke will Hilfe anbieten.

Vorgeworfenes Drogendelikt: Volker Beck legt alle Ämter nieder

Dem Grünen-Politiker wird der Besitz von Crystal Meth vorgeworfen. Volker Beck reagiert, will aber Bundestagsabgeordneter bleiben.

Widerstand gegen das Asylpaket II: „Zum Fremdschämen“

Menschenrechtsorganisationen und Opposition lehnen die von Schwarz-Rot vereinbarten Verschärfungen des Asylrechts ab.

Morddrohungen von „Pegida“-Anhängern: Volker Beck erstattet Strafanzeige

Der grüne Innenpolitiker ist es leid, weiter Hassobjekt der KommentatorInnen auf der „Pegida“-Facebook-Seite zu sein. Harsche Kritik übt er auch an AfD-Vize Gauland.

Vorwürfe gegen Grünen Volker Beck: Die große Manipulation

Der Grüne Volker Beck hat über einen Aufsatz zum Thema Pädophilie aus dem Jahr 1988 nicht die Wahrheit gesagt. Er selbst bleibt uneinsichtig.

Volker Beck über Grünen-Aufarbeitung: „Meine Begründung war unsäglich“

Ein Gespräch mit dem Grünen Volker Beck über sein Verständnis von Politik und sein früheres Verhältnis zu den Pädophilen in seiner Partei.