taz.de -- SPD und Flüchtlingspolitik: Gabriel fordert Kontingente
Vizekanzler Gabriel (SPD) fordert Kontingente für Flüchtlinge, allerdings höher als die Obergrenze der CSU. Man solle die Grenzen der Demokratie nicht austesten.
Berlin epd | Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel fordert einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik. Deutschland müsse „feste Kontingente für die Aufnahme von Flüchtlingen einführen, um die Kontrolle zu behalten, wie viele Menschen kommen und wann sie kommen“, sagte der Vizekanzler den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Deutschland könne deutlich mehr als die von CSU-Chef Horst Seehofer genannten 200.000 Flüchtlinge im Jahr aufnehmen. „Aber das Kontingent muss auch deutlich unter den Zuwanderungszahlen des vergangenen Jahres liegen“, betonte Gabriel, ohne sich auf eine konkrete Zahl festzulegen.
Zwar stimme der Satz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), das Asylrecht kenne keine Obergrenze. „Aber in einer Demokratie entscheiden die Bürger. Und ich rate uns allen, diese Grenze, die das Land aufzunehmen in der Lage ist, nicht auszutesten“, sagte Gabriel. „Wir müssen von einer chaotischen zu einer planbaren Zuwanderung kommen.“ Wenn die Maßnahmen zur Verringerung der Flüchtlingszahlen im Frühjahr nicht wirkten, „bewegen wir uns auf Zahlen zu, die schwierig werden“.
Gabriel warnte zugleich vor dem Ende der Reisefreiheit in Europa. „Wenn die Sicherung der Außengrenzen der EU nicht gelingt, dann sind die offenen Grenzen in Europa in Gefahr“, sagte er. „Offene Außengrenzen und offene Grenzen innerhalb Europas sind auf Dauer unmöglich.“ Der SPD-Chef betonte: „Einfach durchwinken, keine vernünftige Registrierung und kein Datenabgleich in Europa – das führt eben dazu, dass sich selbst Kriminelle und Terroristen wie der Paris-Attentäter unerkannt durch Europa bewegen können.“ Das sei gefährlich. Deutschland brauche „bessere Grenzkontrollen“.
16 Jan 2016
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Aus den Niederlanden kommt ein Vorschlag, der Abschiebung mit Aufnahme verbindet. Er weist Mängel auf, könnte aber eine Chance sein.
Die Pläne der SPÖ-Regierung stehen für ein Europa, das an seinen nationalen Egoismen scheitert. Sie setzen auch Angela Merkel unter Druck.
Rechtsextreme planen im März eine Großdemonstration in Berlin. Gewalt gegen Flüchtlinge nimmt weiter zu. Am stärksten betroffen: Marzahn-Hellersdorf.
Sigmar Gabriels Versuch, sich in der Flüchtlingsfrage irgendwo zwischen Seehofer und Merkel zu positionieren, ist Ausdruck reiner Verzweiflung.
Auch in Berliner Bädern gibt es jetzt bald Baderegeln in Comicform. München macht seit 2013 vor, wie es geht – und hat damit nur gute Erfahrungen gemacht.
Nach Angaben aus Bayern reisten zu Jahresbeginn 3.000 Flüchtlinge am Tag nach Deutschland. Nun droht Horst Seehofer mit einer Klage gegen die Bundesregierung.
Die heile Welt der Kanzlerin ist durch die Flüchtlinge gefährdet. Ihre Gegenrezepte wirken nicht, ihre Partei ist zunehmend gereizt.
Was sagen die Politiker zu Köln? Egal – es zählt nur, dass sie es in marktschreierischer Lautstärke der erregten Volksseele darbieten.
Wie soll das eigentlich funktionieren, so eine Obergrenze? Stephan Mayer, Innenexperte der CDU/CSU-Fraktion, erklärt den Vorstoß seiner Partei.