taz.de -- Fragen und Antworten zu Ausweisungen: Straffällig und nicht deutsch

Einige Verdächtige von Köln sind Ausländer. Werden sie verurteilt, droht ihnen die Ausweisung. Strafen beeinflussen auch Asylverfahren.
Bild: Straftäter können nach Verbüßung einer Haftstrafe u.U. auch ausgewiesen und damit abgeschoben werden

Nach Angaben des Bundesinnenministerium hat die Bundespolizei bislang 31 namentlich bekannte Tatverdächtige für die Übergriffe der Silvesternacht in Köln festgestellt, davon hätten 29 eine ausländische und zwei die deutsche Staatsbürgerschaft. 18 der 29 Ausländer hätten den Status als Asylbewerber. Die gegen sie erhobenen Vorwürfe beziehen sich überwiegend auf Diebstahls- und Körperverletzungsdelikte. Sexualdelikte seien bisher nicht mit den Asylbewerbern in Verbindung gebracht worden, sagte der Ministeriumssprecher.

Politiker verschiedener Parteien nehmen die Verdachtsfälle zum Anlass, schärfere Strafen gegen Nichtdeutsche Straftäter zu verlangen. Zusätzlich werden Stimmen laut, nicht zuletzt von der CSU, die fordern, straffällige Ausländer abzuschieben. Was aber würde das nach aktueller Rechtslage genau bedeuten?

Was ist der Unterschied zwischen Ausweisung und Abschiebung?

Die Ausweisung ist die Anordnung, dass ein Ausländer Deutschlandverlassen muss. Sie kann auch ein bestehendes Aufenthaltsrecht beenden. Der Vollzug der Ausweisung ist dann die Abschiebung. Auch wenn nach Köln oft eine „Verschärfung des Abschiebungsrechts“ gefordert wurde, ist eigentlich das Ausweisungsrecht gemeint.

Wann ist die Ausweisung eines Ausländers möglich oder vorgesehen?

Nach den seit 2015 geltenden Regeln im Aufenthaltsgesetz kommt es immer auf einen Abwägung im Einzelfall an. Ein Ausländer, der die öffentliche Sicherheit gefährdet, ist auszuweisen, wenn nicht sein privates Interesse, in Deutschland zu bleiben, überwiegt. Dabei ist zum Beispiel seine Bindung an Deutschland, aber auch an andere Länder zu berücksichtigen, ebenso die Folgen für Familienangehörige.

Ist das nicht sehr vage?

Die Grundnorm im Aufenthaltsgesetz ist sehr offen formuliert. Dann werden aber viele Aspekte aufgezählt, die für oder gegen eine Ausweisung sprechen können. Ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse besteht zum Beispiel, wenn der Ausländer rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde. Auch eine Bewährungsstrafe genügt. Ein solches Strafmaß ist bei Sexualdelikten schnell erreicht. Bei gemeinschaftlichen Diebstählen im Wiederholungsfall auch.

Gelten die Regeln auch für Flüchtlinge?

Flüchtlinge sind besser vor Ausweisung geschützt als andere Ausländer. Anerkannte Flüchtlinge dürfen grundsätzlich nicht in den Verfolgerstaat zurückgeschickt werden. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn der Asylberechtigte eine gegenwärtige schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt und die Ausweisung deshalb „unerläßlich“ ist. Bei Asylantragstellern ist grundsätzlich der Abschluss des Asylverfahrens abzuwarten. Doch auch hier kann ausgewiesen werden, wenn der Asylsuchende eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt.

Haben Straftaten Einfluss auf das Asylverfahren?

Ja. Wenn ein Asylantragsteller wegen eines Verbrechens oder wegen eines schwerwiegenden Vergehens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt wurde, kann ihm der Status als anerkannter Flüchtling versagt werden, auch wenn er die Voraussetzungen eigentlich erfüllt. Er kann dann leichter ausgewiesen werden (s.o.). Derzeit wird diskutiert, ob auch eine Freiheitsstrafe von einem oder zwei Jahren schon genügen kann. Die Genfer Flüchtlingskonvention lässt Einschränkungen zu, wenn der Flüchtling „wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens verurteilt wurde“, nennt aber keine Mindeststrafe.

Muss ein ausgewiesener Straftäter auf jeden Fall Deutschland verlassen?

Nein. Auch wenn er sein Aufenthaltsrecht verliert, kommt es darauf an, ob die Abschiebung auch vollzogen werden kann. Neben praktischen Problemen (fehlende Papiere, Krankheiten) kommt es auch auf die Verhältnisse im Heimatland an. Droht dem Ausgewiesenen dort Tod, Folter oder Ähnliches ist die Abschiebung nicht möglich. Das ergibt sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention. Daran kann auch die deutsche Politik nichts ändern. Bei Personen aus Marokko oder Algerien werden allerdings nur sehr selten solche Abschiebungshindernisse angenommen.

Wird ein verurteilter Ausländer nur ausgewiesen oder muss er auch in Haft?

Üblich ist, dass eine Freiheitsstrafe zur Hälfte vollstreckt wird unddann die Abschiebung vollzogen wird. Die Abschiebung wird oft als zweite Strafe erlebt.

9 Jan 2016

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Christian Rath

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