taz.de -- Studie des Berliner Verfassungsschutzes: Seltsamer Blick ins linke Lager

Ist die linksextreme Szene in Berlin gewalttätiger geworden? Eine Studie legt das nahe. Doch in vielen Punkten ist sie fragwürdig.
Bild: Stehen derzeit im Zentrum des öffentlichen Interesses: Autonome, hier in der Rigaer Straße 94.

Auf den ersten Blick passt es gut zu der aufgeheizten Debatte über die Rigaer Straße: Der Verfassungsschutz hat am Freitag eine Studie zum Thema linksextreme Gewalt veröffentlicht. Ergebnis: Die Zahl links motivierter Straftaten in Berlin steigt. Innensenator Frank Henkel (CDU) warnt dann auch vor dem Fehlen einer „Ächtung links motivierter Gewalt“.

Allerdings: Die Studie, erstellt vom Verfassungsschutz in Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt, untersucht nur den Zeitraum von 2009 bis 2013 – mit den aktuellen Entwicklungen haben die Ergebnisse wenig zu tun. 1.523 Fälle zählen die AutorInnen der Studie in diesem Zeitraum, doppelt so viele wie zwischen 2003 und 2008.

Wenige Brandstiftungen

Dazu kommt: Nicht nur die Anzahl der Delikte, sondern auch die Art der Straftaten hat sich stark verändert. So sank der Anteil der Brandstiftungen signifikant: Während 2008 knapp die Hälfte aller Taten auf Brandstiftungen entfiel, waren es 2013 noch 12 Prozent. Parallel dazu stieg der Anteil von demonstrationsbezogenen Delikten, insbesondere von Landfriedensbruch. 2013 wurden laut der Studie 72 Prozent aller Taten im Zusammenhang mit Demonstrationen begangen.

„Gummiparagraf“ nennen Juristen gern den Paragrafen zum Straftatbestand Landfriedensbruch, weil er so dehnbar ist: Oft genügt es, sich auf Demonstrationen in der Nähe einer Ausschreitung zu befinden, um deswegen eine Anzeige zu bekommen. Und die Studie des Verfassungsschutzes stützt sich nur auf die polizeiliche Meldestatistik, in der alle Fälle gelistet werden, die in dem fraglichen Zeitraum zur Anzeige gebracht wurden – ob die Verfahren später eingestellt oder die angeblichen Täter freigesprochen wurden, spielt keine Rolle.

22 Jan 2016

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Malene Gürgen

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