taz.de -- Debatte über Extremismus: Konsens gegen Islamismus

Uneinigkeit herrscht im Parlament über die Bewertung von linkem Extremismus. Einig sind sich dagegen alle: Gegen Islamismus muss Bremen mehr tun,
Bild: Klarer Gegner: Der Salafisten-Prediger Pierre Vogel warb 2014 in Bremen um neue Anhänger.

„Hohes Haus, schämen Sie sich!“ Mit diesen dramatischen Worten verließ der ex-AFD- und jetzige ALFA-Abgeordnete Christian Schäfer am Mittwoch die Bürgerschaftsdebatte über Präventions- und Aussteigerprogramme für Extremisten und Islamisten. Genauso wie die CDU- und die FDP-Fraktionen kritisierte er, dass es für Linksextreme in Bremen keine entsprechenden Programme gibt.

Gerade im Kontext des Wiederauftauchens der RAF, so Schäfers schiefe Argumentation, könne Linksextremismus nicht vernachlässigt werden. Außerdem habe es noch keinen Angriff eines Rechtsextremisten, wohl aber von Linksextremisten „auf einen Angehörigen dieses Hauses“ gegeben. Damit meinte er den Anschlag auf das Wohnhaus des AFD-Abgeordneten Alexander Tassis Anfang Dezember.

Was Schäfer mit „Verharmlosung“ meinte, waren die Worte des SPD-Abgeordneten Sükrü Senkal. Rechts- und Linksextremismus, sagt er, lasse sich nicht spiegeln, auch wenn er rechte, linke und religiöse Gewalt gleichermaßen verurteile: „Aber während die rechtsextreme Ideologie menschenverachtend ist, ist die linksextreme Ideologie systemverachtend – und Ersteres finde ich schlimmer.“

Anlass für die Debatte war eine Anfrage der CDU-Fraktion die wissen wollte, welche Präventionsprogramme- und Aussteigerprogramme gegen Extremismus und Islamismus auf Landesebene seit 2010 existieren, wie diese finanziert werden und welche Verbesserungsmöglichkeiten der Senat sehe. Aus der Antwort geht hervor, dass Bremen sich vor allem im Bereich Rechtsextremismus an Bundesprogrammen beteiligt sowie mit dem Lidice-Haus außerschulische Jugendbildungsmaßnahmen zur demokratischen Teilhabe an der Gesellschaft anbietet.

Im Bereich Islamismus sieht es dünner aus: Hier ist das norddeutschlandweit agierende Beratungsnetzwerk „Kitab“ aktiv. „Aber bei Kitab gibt es lange, lange Wartezeiten, bis man überhaupt mit jemandem sprechen kann“, kritisierte der CDU-Abgeordnete Oguzhan Yazici. „Hier müssen dringend Landesmittel eingesetzt werden, um mindestens zwei volle Stellen für Bremen zu schaffen.“

Dringend benötigt würden auch Programme für ausstiegswillige Rückkehrer aus Syrien, und im Bereich der JVA müsse ebenfalls aufgestockt werden: „Dort gibt es durch die Schura nur fünf Stunden Seelsorge pro Woche – in der restlichen Zeit sind junge muslimische Inhaftierte dem Einfluss radikaler Konvertiten ausgesetzt.“

Ein erster Schritt erfolgte im vergangenen Herbst: Die Schura Bremen als muslimischer Dachverband ist in die Präventionsarbeit eingestiegen. Mit ihrem Projekt „Pro Islam – Gegen Radikalisierung und Extremismus“ soll sie in Zusammenarbeit mit Schulen und Moscheegemeinden sowohl der Radikalisierung junger Muslime als auch der wachsenden Islamophobie begegnen.

Um die Programme zu koordinieren, hätten Verfassungsschutz, Schura, Innen- und Sozialressort ein Netzwerk gebildet, erläuterte Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne), „aber ich glaube auch, dass wir noch mehr tun müssen.“

20 Jan 2016

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Simone Schnase

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