taz.de -- Kommentar zu Camerons Syrien-Plänen: Manöver in London

Der britische Premier will beim Ringen um den Einfluss im Nahen Osten nicht ins Hintertreffen geraten. Und er versucht Labour zu spalten.
Bild: Eine Demonstration der „Stop the war coalition“ in London

David Cameron lässt nicht locker. Der britische Premierminister möchte gern in Syrien mitmischen und wittert seine Chance, dafür doch noch eine Parlamentsmehrheit zu gewinnen. 2013 hatten ihm die Abgeordneten die Kriegsermächtigung verweigert, und noch Anfang des Monats sprach sich der Auswärtige Ausschuss des Unterhauses gegen Angriffe in Syrien aus, bis der Westen eine Strategie im Kampf gegen die Islamisten entwickelt habe.

Diese Strategie gibt es nach wie vor nicht, aber Cameron will beim Ringen um den Einfluss im Nahen Osten nicht ins Hintertreffen geraten. Bisherige Erfahrungen im Irak, in Afghanistan und Libyen bleiben dabei außen vor, und auch die Zivilbevölkerung spielt in Camerons Denken keine Rolle. Flüchtlinge aus Städten wie Rakka, wo der IS herrscht, erzählen von den katastrophalen Folgen der Bombardierung für die Bevölkerung, die nun doppelt leidet.

Cameron verzichtete bisher nur deshalb auf ein erneutes Unterhausvotum, weil er sich nicht sicher sein konnte, es auch zu gewinnen. Nach den Anschlägen von Paris hat sich das geändert. In den vergangenen Tagen hat Cameron versucht, zahlreiche Labour-Abgeordnete in persönlichen Gesprächen von den Vorzügen von Luftangriffen auf den IS in Syrien zu überzeugen.

Bei rund 80 Labour-Abgeordneten ist ihm das offenbar gelungen. Sie sind nicht darüber hinweg, dass die Parteibasis ihnen einen linken Chef vor die Nase gesetzt hat. Jeremy Corbyn ist strikt gegen den Einsatz in Syrien, und auch bei der britischen Bevölkerung herrscht tiefes Misstrauen.

Am Samstag demonstrierten Tausende vor Camerons Amtssitz in der Downing Street gegen die Kriegspläne, über die am Mittwoch abgestimmt werden soll. Cameron kalkuliert, dass die Labour Party aus dieser Abstimmung gespalten hervorgehen wird. Corbyns einziger Ausweg scheint die Aufhebung des Fraktionszwangs zu sein. Das aber würde ihn weiter schwächen.

29 Nov 2015

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Ralf Sotscheck

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