taz.de -- Solidaritätsbekundung mit dem Profilbild: Je suis manipulé

Auf Facebook kann man sein Profilbild mit den Farben der französischen Nationalflagge färben. Was will man mit diesem Symbol aussagen?
Bild: Mark Zuckerberg zeigt Anteilnahme.

Auf große Katastrophen und Ereignisse folgt üblicherweise ein Facebook-Trend. Noch bevor die Sachverhalte aufgeklärt sind, ändern User ihr Profilbild. Auch nach den Attentaten in Paris können die Mitfühlenden ihr Foto jetzt blau-weiß-rot färben und Haltung zeigen.

Facebook-Nutzer kennen das schon: Sie sind Charlie. Oder, um die Ehe für alle zu unterstützen, können sie die Regenbogenfahne über ihre Profilbilder legen. Nun ist es die französische Flagge. Nur: Statt einer sozialen Bewegung wird hier gleich ein ganzer Staat symbolisiert, was viele fraglos mitmachen.

In der Flut an Hashtags und möglichen solidarischen Profilbildern nach den Attentaten hat sich die Flagge unter anderem gegen das Eiffelturm-Peace-Zeichen deutlich durchgesetzt. Nicht Frieden, sondern Nation.

Zugleich fordert die Vorsitzende des Front National, Marine Le Pen, die endgültige Schließung der französischen Grenzen und eine militärische Aufrüstung des Landes – Frankreich und die Franzosen seien nun nicht mehr in Sicherheit, sagte sie. Auch der französische Präsident François Hollande und der Premierminister Manuel Valls legen eine bemerkenswerte Kriegsrhetorik an den Tag.

Die Sprache des Internets lässt mit ihren Profilbild-Trends ebensowenig eine differenzierte Ausdrucksform für Anteilnahme zu. Das Profilbild in die französischen Nationalfarben zu tauchen ist eine vereinfachte Solidaritätsbekundung, bei der man sich nicht mit größeren Zusammenhängen befassen muss. Ein Symbol, das Solidarität mit Opfern des IS-Terrors unabhängig von Nationalität, in allen Ländern zeigt, lässt noch auf sich warten.

16 Nov 2015

AUTOREN

Lea Fauth

TAGS

Je suis Charlie
Schwerpunkt Meta
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Trauer
Mark Zuckerberg
Schwerpunkt Frankreich
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Schwerpunkt Frankreich
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Terror
Schwerpunkt Islamistischer Terror

ARTIKEL ZUM THEMA

Gemeinsames Trauern im Netz: Das Leiden der Anderen

Wir reagieren nicht nur auf Trauerfälle in unserer Nähe, sondern potenziell auf jedes Attentat. Kollektiv, im Netz. Oft geht es dabei weniger um Trost.

Die Gesellschaftskritik: Kümmern und Fresse halten

Facebookchef Zuckerberg veröffentlicht ein Foto, auf dem er seine Tochter wickelt. Und viele berichten jubelnd darüber. Kein gutes Signal.

Der Front National gewinnt in Frankreich: Blau-weiß-rot-braun

Marine Le Pens rechtsextremer Front National hat in sechs von 13 Regionen die Regionalwahlen gewonnen. Es wird noch einen zweiten Wahlgang geben.

Nach den Anschlägen auf das „Bataclan“: Schüsse auf Laster und Leidenschaften

Die Musikwelt trauert um die Toten des Bataclan. Ein primär antisemitisches Tatmotiv halten viele inzwischen für unwahrscheinlich.

Nach den Terroranschlägen in Paris: Fünf Festnahmen bei Aachen

In Aachen wurden fünf Personen festgenommen, die mit den Anschlägen in Paris zu tun haben könnten. Belgien gibt die Namen verhafteter Terrorverdächtiger bekannt.

Nach den Terroranschlägen in Paris: Bürgerrechte auf halbmast

Ausgehverbot, Durchsuchungen ohne Gerichtsbeschluss, Personenverkehr eingeschränkt – Frankreich lebt im Notstand und in Trauer.

Nach dem Terror in Paris: 60 Sekunden Innehalten

An vielen Orten der Stadt gedenken Berliner um 12 Uhr der Opfer der Pariser Anschläge. Busse und Bahnen stehen für eine Minute still.

Nach der Anschlagserie in Paris: Merkels große Aufgabe

„Paris ändert alles“: Die CSU instrumentalisiert die Attentate, um Ängste gegen Flüchtlinge zu schüren. Bleibt Merkel Herrin der Lage?