taz.de -- Kommentar Klimagipfel Paris: Der Krieg ums Klima

Der Klimagipfel findet statt, doch nach dem Terror sind Demos verboten. Schade, denn so fällt der Auftakt zu einer neuen globalen Protestwelle aus.
Bild: Klimagipfel ohne Aktivisten?

Über das Wetter reden wir dann später. Das ist ein toller Satz, der immer funktioniert. Und, zugegeben: Wer will schon angesichts der vielen Terroropfer von Paris über so banale Dinge nachdenken wie ein bisschen mehr Hitze, also dieses nervige 2-Grad-Ziel? Es klingt zynisch und ist dennoch wahr: In der Ökonomie der Aufmerksamkeiten ist immer nur Platz für einen Krieg. Das ist, jetzt wieder, der „Krieg gegen den Terror“.

Es gibt allerdings einen Krieg im Stillen, der riecht nach Kerosin und CO2. Das ist der Klimakrieg. Seine Kombattanten tragen Manschettenknöpfe an den Ärmeln, wenn sie das Investmentportfolio ausrichten; sie tragen Feldhacken, wenn sie das Land bestellen. Die Frage, wie der Klimakrieg ausgeht, wird über sie richten: Die Dürren bringen Hunger, und der Kampf um Öl und Gas wird zu neuen kriegerischen Verwerfungen führen. Woraus sollen die Saudi-Herrscher oder Russlands Präsident Putin ihre Macht beziehen, wenn der Westen die Öl- und Gashähne zudreht?

In Paris, wo ab Ende November der Weltklimagipfel stattfindet, sollte es dazu nun Friedensgespräche geben. Doch weil Frankreichs Regierung die Demonstrationen der Klimabewegung verboten hat, sollen diese Verhandlungen nun ohne ihr wichtigstes Subjekt stattfinden – die demokratische Öffentlichkeit.

Monatelang hatten sich Umweltorganisationen aus der ganzen Welt auf den Klimagipfel in Paris vorbereitet. Für die Auftaktdemonstration rechneten sie mit bis zu 300.000 Teilnehmern. Es sollte der Auftakt zu einer neuen globalen Protestwelle werden.

Dass diese Demonstration nun nicht stattfinden darf, ist ein Geschenk aus Frankreich an die Staatschefs dieser Welt. Diese werden sich bei Frankreichs Präsident François Hollande bedanken – mit einem Gruppenfoto, auf dem alle zusammenstehen. Es wird eine Demonstration sein gegen den Krieg in der Welt.

Hoffentlich ist dann das Wetter schön.

17 Nov 2015

AUTOREN

Martin Kaul

TAGS

Schwerpunkt Klimawandel
Paris
Aktivismus
Weltklimakonferenz
Demonstrationsverbot
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Schwerpunkt Klimawandel
Erneuerbare Energien
Bundestag

ARTIKEL ZUM THEMA

Klimawissenschaftler über Drohungen: „Sie sagen, wir seien Kommunisten“

Michael E. Manns Familie wurde bedroht: Wenn Konservative versuchen, auf Klimaforscher Druck auszuüben.

Nach Terroranschlägen in Paris: Frankreich beantragt Hilfe bei EU

Frankreich bittet die europäischen Partner um militärische Unterstützung. Die Polizei sucht weiter nach Mittätern. Das Militär griff die IS-Hochburg Rakka an.

Klimabewegung in Paris nach Attacken: Ratlosigkeit statt Randale

Zum Klimagipfel wollten Aktivisten eine Welle globaler Proteste einleiten. Doch nun hat Frankreichs Regierung sämtliche Demonstrationen verboten.

Manager über Energiewende: „Es fehlt der Business Case“

Karsten Löffler über den Profit der Versicherer an den Risiken des Klimawandels, die Finanzierung der Vorsorge und Rechenprobleme.

Debatte Klimaverhandlungen: Klimadiplomatie ohne Parlament?

Im Dezember soll ein globales Klimaschutzabkommen beschlossen werden. Ein guter Anlass, um darüber im Bundestag zu streiten.