taz.de -- Journalisten in der Türkei: Wegen „Putschversuchs“ angeklagt

Nach der Wahl sind zwei Chefs eines liberalen Magazins angeklagt worden. Angeblich sollen sie versucht haben, die türkische Regierung gewaltsam zu stürzen.
Bild: Presse ohne Freiheit: Die jüngste „Nokta“-Ausgabe wurde aus dem Handel genommen.

Istanbul AFP | In der Türkei sind am Dienstag zwei regierungskritische Journalisten unter dem Vorwurf eines „Putschversuchs“ angeklagt worden. Der Chefredakteur und der leitende Redakteur des liberalen Nachrichtenmagazins „Nokta“ seien wegen des Vorwurfs festgenommen worden, die Regierung gewaltsam stürzen zu wollen, teilte das Magazin im Kurzbotschaftendienst Twitter mit. Hintergrund ist die Titelseite des Magazins nach der Parlamentswahl vom Sonntag.

Die Polizei hatte am Montag die „Nokta“-Büros in Istanbul gestürmt und die beiden Journalisten Cevheri Güven und Murat Çapan festgenommen, weil sie den Sieg der regierenden islamisch-konservativen AKP bei der Wahl auf der Titelseite als „Anfang des Bürgerkriegs in der Türkei“ bezeichnet hatten.

Ein Gericht in Istanbul ordnete anschließend an, dass die jüngste Ausgabe des Blatts aus dem Handel genommen werden müsse, da die Öffentlichkeit darin zu einem Verbrechen angestachelt würde.

Während des Wahlkampfes in der Türkei waren die Behörden wiederholt gegen Medien vorgegangen, die sich kritisch über Staatschef Recep Tayyip Erdoğan äußerten.

Vor laufender Kamera wurde etwa der Sitz des Medienkonzerns Koza İpek gestürmt und die Kontrolle über zwei Fernsehsender übernommen. Die Polizei setzte dabei Tränengas und Wasserwerfer ein. Bei „Nokta“ gab es bereits im September eine Razzia wegen eines Titelblatts, das sich satirisch mit Erdoğan auseinandersetzte.

3 Nov 2015

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