taz.de -- Keine Spenden für kurdische Gemeinde: Drohungen gegen Drogeriekette

Kein Geld für Integrationsunterricht: Wegen Gewaltandrohungen sagt das Handelsunternehmen dm eine Spendenaktion für Kurden ab.
Bild: Kurdische Symbole sind in Deutschland präsent, Konflikte mit türkischen Nationalisten auch.

Karlsruhe afp | Die Drogeriekette dm hat eine Spendenaktion zugunsten einer kurdischen Gemeinde wegen Gewaltandrohungen abgesagt. Dazu habe das Unternehmen sich entschieden, „um keinen Nährboden für Eskalation zu bieten“, erklärte Geschäftsführer Erich Harsch am Dienstag. Damit hoffe dm „einen Beitrag zur Deeskalation zu leisten“.

Der Menschenrechtsaktivist Rupert Neudeck wollte am Samstag in einem dm-Drogeriemarkt in Troisdorf bei Bonn kassieren und seine Einnahmen der kurdischen Gemeinde im Ort spenden. Das Geld sei „ausschließlich“ für den Deutschunterricht für „integrationswillige Menschen“ gedacht, betonte dm.

Wer mit Gewalt drohte, teilte dm-Geschäftsführer Harsch nicht mit. Laut einem [1][Bericht der Welt] hatten nationalistische Deutsch-Türken zum Boykott von dm aufgerufen.

„Wir haben wenig Verständnis dafür, dass soziale Hilfsaktionen Anlass sein sollen zur politischen Interessenvertretung oder gar zu verbaler oder physischer Gewaltausübung“, erklärte Harsch. „Das verurteilen wir grundsätzlich.“ In den dm-Märkten kauften täglich 1,7 Millionen Menschen aus vielen Ländern, Kulturen und Religionen aller Altersgruppen ein.

Am Sonntag hatte dm die Spendenaktion zunächst noch verteidigt. „Wir nehmen eure Rückmeldungen zur Aktion in Troisdorf auf, möchten aber auch klarstellen, dass uns soziales Engagement sehr wichtig ist“, schrieb das Unternehmen auf Facebook.

14 Oct 2015

LINKS

[1] http://www.welt.de/politik/deutschland/article147484529/Nationalistische-Deutsch-Tuerken-rufen-zu-dm-Boykott-auf.html

TAGS

Kurden
Spendenaktion
dm
Kurden
Terroranschlag
Parlamentswahl Türkei 2015
Schwerpunkt Flucht
Recep Tayyip Erdoğan
Deutschland

ARTIKEL ZUM THEMA

Nach Absage einer Spendenaktion: Kritik an Drogeriemarktkette

Kritik von den Grünen bis zur CDU: Die Absage einer Aktion zugunsten der kurdischen Gemeinde in Troisdorf von dm trifft auf wenig Verständnis.

Nach Terroranschlag in Ankara: Türken fürchten Gewalt in Deutschland

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde Gökay Sofuoğlu warnt vor Polarisierung auch in Deutschland. Auf zahlreichen Demos wird Trauer und Wut bekundet.

Bürgerkriegsgefahr in der Türkei: Berlin ist nicht Ankara

Drohen nach den Anschlägen in der Türkei auch Konflikte zwischen Türken und Kurden in Berlin? VerbandssprecherInnen sagen: Verhindern lassen sich Auseinandersetzungen nicht.

Konflikte zwischen Einwanderergruppen: Importierter Zündstoff

Die Angst wächst, dass Einwanderer politische Konflikte auch in Deutschland austragen. Migrantenvertreter rufen zur Besonnenheit auf.

Türkei nach der Wahl: Heftige Grabenkämpfe in der AKP

In der Regierungspartei mehren sich die Stimmen, die eine Koalition mit den Kemalisten fordern. Hinter den Kulissen bremst Erdogan.

Vor der Parlamentswahl in der Türkei: Dreist, dreister, Erdogan

Den Präsidenten schert es nicht, dass er laut Verfassung Zurückhaltung üben muss. Er braucht bei der Wahl jede kurdische Stimme – auch in Deutschland.