taz.de -- Transitzonen für Flüchtlinge: Die SPD zweifelt

Die Union wirbt um Zustimmung des Koalitionspartners SPD zu Transitzonen für Flüchtlinge an den deutschen Grenzen. Die SPD hat Bedenken.
Bild: Horst Seehofer lässt offen, wie genau die Transitzonen ausgestaltet werden sollten.

Berlin afp | Der Streit in der Koalition über die Einrichtung von grenznahen Transitzonen für Flüchtlinge gewinnt an Schärfe. Führende SPD-Politiker legten sich am Montag auf ein Nein zu dem von der Union verfochtenen Vorschlag fest. „Die Einrichtung von Haftanstalten für Tausende von Flüchtlingen an der Grenze lehne ich ab“, erklärte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) äußerte sich ähnlich. Die Union forderte derweil eine rasche Einigung.

Die Kritiker in der SPD äußerten massives Unbehagen angesichts der Vorstellung, Flüchtlinge zunächst in Transitzonen an der Grenze unterzubringen und sie damit de facto in Haft zu halten. „Ein solches Verfahren ist praktisch undurchführbar und menschlich nicht in Ordnung“, kritisierte Oppermann.

Justizminister Maas sprach in der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstagsausgabe) von einem Versuch, „zehntausende Flüchtlinge an der Grenze in Haft zu nehmen“. Wer Transitverfahren einfach von Flughäfen auf Landesgrenzen übertragen wolle, schaffe „Massenlager im Niemandsland“. Den Begriff „Transitzonen“ lehnte Maas ab, er sprach von „Haftzonen“.

Unionspolitiker hatten sich zuvor vehement für solche Transitzonen in deutschen Grenzregionen ausgesprochen, in denen die Asylberechtigung von Flüchtlingen unmittelbar geprüft werden soll. Flüchtlinge mit geringer Bleibeperspektive sollen von dort nach Ablehnung ihrer Asylanträge im Schnellverfahren in ihre Heimatländer zurückgebracht werden.

Schnellstmöglich soll es Gespräche geben

Die Union drückte ungeachtet des Widerstands der SPD in der Streitfrage aufs Tempo. „Ich glaube, wir werden bis nächste Woche zu einem Ergebnis kommen“, sagte Flüchtlingskoordinator und Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) im ZDF-„Morgenmagazin“. Die Transitzonen seien in einer EU-Richtlinie vorgesehen. „Wir setzen das jetzt um“, sagte Altmaier.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber forderte die SPD auf, rasch zu „konstruktiven“ Verhandlungen auf. „Da liegt der Ball bei den Sozialdemokraten“, sagte er. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Koalition müsse nun „schnellstmöglich“ Gespräche über das Thema führen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich zunächst nicht zu den Transitzonen. Auf die Frage nach der Haltung der Kanzlerin entgegnete Seibert: „Es ist auf jeden Fall richtig, dass man das prüft.“

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte die Bereitschaft ihrer Partei zu, die Vorschläge aus dem CDU-geführten Bundesinnenministerium zu prüfen. Ihre Skepsis verhehlte sie dabei nicht: „Ich kann mir nicht vorstellen, wie das funktionieren soll.“ Menschen, die damit rechnen müssten, abgewiesen zu werden, suchten sich dann vermutlich „einen anderen Weg über die grüne Grenze“.

Das Bundesinnenministerium bemühte sich, Einwände gegen die geplanten Transitzonen zu entkräften. Niemand plane den Aufbau von „Transitmassenlagern“ an der Grenze, beteuerte ein Ministeriumssprecher. Es gehe lediglich darum, „offensichtlich unbegründete Asylantragsstellungen“ in eine schnelleren Verfahren abzuarbeiten.

Die Oppositionsparteien Grüne und Linke lehnen die Pläne rundweg ab. „Transitzonen sind nichts weiteres als Abschiebe-Ghettos für Flüchtlinge“, kritisierte Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke.

CSU-Chef Horst Seehofer begrüßte, dass sich die CDU für die Schaffung der Transitzonen einsetze. „Wichtig ist, dass jetzt in einem wichtigen Punkt CDU und CSU übereinstimmen“, sagte Seehofer, der in den vergangenen Wochen Merkels Flüchtlingspolitik scharf kritisiert hatte. In den vergangenen Tagen habe er mehrfach mit Merkel gesprochen, sagte Seehofer in München.

12 Oct 2015

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