taz.de -- Kommentar Transitzonen: Im Stacheldraht verblutet
Menschen aus „sicheren Herkunftsstaaten“ werden Transitzonen meiden und die grüne Grenze passieren. Und dann? Schreit die CSU nach Zäunen.
Die Einführung von [1][Transitzonen] ist als Signal der Handlungsfähigkeit des Staates gedacht. Einfache Asylverfahren sollen gleich an der Grenze abgewickelt werden, fordert die CSU seit Wochen, und die CDU scheint nachzugeben.
Faktisch ist es aber ein neues Signal der Inkompetenz der CSU, die immer wieder versucht, ihre Stammtischforderungen in der Bundesregierung durchzusetzen, und sich am Ende böse damit blamiert.
Nun sind schnelle Asylentscheidungen grundsätzlich gut. Die Antragsteller sollen baldmöglichst wissen, ob sie in Deutschland bleiben können oder nicht.
Es ist auch durchaus denkbar, Anträge an der Grenze nach Österreich zu prüfen. Zugang von Anwälten und Hilfsorganisationen ist dort auch zu organisieren – jedenfalls eher als in Nordafrika oder in Griechenland.
Dennoch sind die Eilverfahren in Transitzonen eine Schnapsidee. Denn Transitzonen setzen Grenzkontrollen voraus, und Kontrollen an Binnengrenzen sind nach EU-Recht nur vorübergehend möglich, maximal zwei Jahre. Wenn die Infrastruktur aufgebaut wurde, müsste sie also gleich wieder abgebaut werden. Was für eine Verschwendung!
Außerdem sieht EU-Recht vor, dass Asylverfahren in Transitzonen binnen vier Wochen abgeschlossen sein müssen.
Wie soll das gelingen, wenn derzeit in der gleichen Zeit die Antragsteller oft nicht einmal registriert werden können? Am Ende werden die Flüchtlinge vier Wochen an der Grenze sinnlos inhaftiert, um am Ende doch einreisen zu können.
Antragsteller aus „sicheren Herkunftsstaaten“ werden zudem die Transitzonen meiden und über die grüne Grenze nach Deutschland kommen. Dann wird die CSU Grenzzäune fordern und Stacheldraht ausrollen – bis das erste albanische Kind im Nato-Draht verblutet und der Papst ein Machtwort spricht.
13 Oct 2015
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