taz.de -- Viktor Orban über Flüchtlinge: „Sofort verhaften“
Zusammen mit den europäischen Konservativen: Ungarn droht Flüchtlingen mit hartem Durchgreifen, auch mit Hilfe der Armee.
Budapest/Wien/Brüssel dpa | Ungarn hat ein hartes Durchgreifen gegen Flüchtlinge angekündigt. Falls die Regierung den Krisenfall ausrufe, werde jeder illegale Einwanderer „sofort verhaftet“, sagte Ministerpräsident Viktor Orban am Freitag in Budapest nach einem Treffen mit EVP-Fraktionschef Manfred Weber. „Wir werden sie nicht mehr höflich begleiten wie bisher.“ Der Fraktion im Europäischen Parlament gehören sowohl Orbans Fidesz als auch die CDU/CSU an.
Am kommenden Dienstag will Ungarns Kabinett entscheiden, ob der Krisenfall erklärt wird. Das würde unter anderem bedeuten, dass das Militär die Grenzschützer unterstützen darf. Separat soll das Parlament am 21. September entscheiden, ob die Armee auch dann zum Grenzschutz herangezogen werden darf, wenn kein Krisenfall oder Notstand ausgerufen wurde.
Orban kritisierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der eine Quotenregelung zur Verteilung von Flüchtlingen in der EU vorgeschlagen hat. Juncker sei dabei, „den europäischen Konsens zu zerstampfen“, sagte der nationalkonservative Regierungschef, ohne direkt auf dessen Vorschläge einzugehen. Es gehe nicht an, dass die EU-Kommission Regelungen schaffe, ohne vorher die nationalen Regierungschefs zu konsultieren.
Ungarn schlage der EU-Kommission einen Fünf-Punkte-Plan zum Management der Flüchtlingskrise vor. Vor allem gehe es darum, eine rechtliche Grundlage dafür zu schaffen, dass Griechenland seine Grenze besser vor Flüchtlingen schütze. „Wenn Griechenland seine Außengrenzen nicht schützt, müssen wir es tun“, sagte Orban.
CSU lädt Orban ein
Die meisten Flüchtlinge kommen derzeit aus der Türkei über Griechenland nach Europa. Von dort versuchen sie über die Balkanroute, die über Ungarn führt, nach Westeuropa zu gelangen. Griechenland ist das erste EU-Land, das sie betreten. Dem Dublin-Abkommen zufolge dürften sie in keinem anderen Land außer Griechenland einen Asylantrag stellen.
EVP-Fraktionschef Weber erklärte, er sei mit Orbans Vorschlägen einverstanden. Ungarn sei beim Grenzschutz „besser aufgestellt“ als Griechenland und bemühe sich, europäisches Recht einzuhalten. Orbans Diskussionsbeiträge zur Flüchtlingsfrage seien „wichtig“ und bewegten auch die EVP. “Man muss auch an die Flüchtlinge appellieren“ und klarstellen, “dass es kein Recht gibt, sich einen bestimmten Platz in Europa auszusuchen“, sagte Weber.
Der CSU-Chef Horst Seehofer erklärte derweil, er habe Orban zur Klausur der CSU-Landtagsfraktion eingeladen und wolle mit ihm „eine Lösung suchen“. Ex-Innenminister Friedrich sagte der Passauer Neuen Presse, es sei „völlig unverantwortlich, dass jetzt Zigtausende unkontrolliert und unregistriert ins Land strömen und man nur unzuverlässig genau abschätzen kann, wie viele davon Isis-Kämpfer oder islamistische Schläfer sind“.
Zur Notversorgung von Flüchtlingen bat Ungarn die EU um Hilfe. Budapest habe beantragt, den sogenannten EU-Mechanismus für den Zivilschutz in Gang zu setzen, teilte die EU-Kommission am Freitag mit. Darüber soll in Brüssel umgehend entschieden werden. Es gehe konkret um Matratzen, Bettwäsche oder Heizmaterial. EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos wird am kommenden Mittwoch Ungarn besuchen.
Wenn vom kommendem Dienstag an die Überquerung des Zauns an der Grenze zu Serbien strafbar werde, sei zudem mit der Inhaftierung und schnellen Abschiebung von zahllosen Flüchtlingen zu rechnen. Damit entstehe eine schwierige Lage mit unabsehbaren Folgen für Serbien.
11 Sep 2015
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