taz.de -- Rassisten nennen sich „Asylkritiker“: Hässliches Deutsch

Rassisten und Neonazis nennen sich jetzt „Asylkritiker“ – eine Verharmlosung, die die Wörter „Asyl“ und „Kritik“ in den Schmutz zieht. Eine Wortkunde.
Bild: Prachtexemplare in Freital

Der Begriff „besorgte Bürger“ erntet nur noch verächtliche Häme, wenn von brennenden Flüchtlingsheimen und rechten Demonstranten die Rede ist. Doch wie nennt man die hässlichen Deutschen nun, wenn man nicht korrekterweise „Rassisten“ oder „Neonazis“ sagen will? Sie selbst nennen sich neuerdings ASYLKRITIKER, ein griffiger Euphemismus, der auch von einigen Medien zögerlich, aber dankbar aufgenommen wird.

„Asyl“ (Zuflucht für Verfolgte) geht auf das griechische „ásylos“ (unberaubt, sicher) zurück. Die Wurzel von „Kritik“ (Beurteilung, Bewertung) ist das griechische „kritikós“ (entscheidend), das Adjektiv „kritisch“ erhielt ab Ende des 18. Jahrhunderts auch die Bedeutung „bedrohlich, gefährlich“.

Das Wort „Asylkritiker“ ist auf so vielen Ebenen gefährlich falsch, dass man kaum weiß, wo anfangen: Angegriffen wird ein eigentlich unverhandelbares Grundrecht, das Asyl – ein Wort, das durch das negativ konnotierte „Asylant“ leider an Strahlkraft eingebüßt hat. Das macht es leichter, „Asyl“ scheinbar sachlich zu „kritisieren“ und negativ darüber zu entscheiden – wer nennt sich schon „Flüchtlingskritiker“?

Es handelt sich aber gar nicht um Kritik, also um sachlich-argumentative Bewertung, sondern um hasserfüllte (Vor-)Verurteilung – „Asylkritiker“ sind nichts anderes als „Grundrechtshasser“ und ziehen damit sowohl die Wörter „Asyl“ als auch „Kritik“ in den Schmutz. Wir sollten verbal lieber bei den „geistigen Brandstiftern“ bleiben, die nämlich leicht zu realen Brandstiftern werden. Zum Glück ist die Öffentlichkeit wachsamer als so mancher Reporter: Ein bei Wikipedia angelegter Artikel „Asylkritiker“ wurde per Sofortlöschung beseitigt.

30 Jul 2015

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Wenk

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