taz.de -- Krisengipfel zu Griechenland: Das Diktat aus Brüssel

Deutschlands Bedingungen an Griechenland sind so hart, dass sie an einen Krieg erinnern. Aus den Beschlüssen spricht der Wunsch nach Rache.
Bild: Der neue griechische Finanzminister Tsakalatos beim Krisengipfel in Brüssel.

Die Franzosen haben wenigstens noch Sinn für die europäische Geschichte. Nach dem massenhaften „Ochi“ aus Griechenland erinnerte der französische Finanzminister Emmanuel Macron an den ersten Weltkrieg – und an die harten, letztlich überharten Auflagen der Siegermächte gegen Deutschland. Einen „neuen Versailler Vertrag der Eurozone“ dürfe es nicht geben, forderte Macron.

[1][Doch genau das bahnt sich nun an:] Der Krisengipfel der Euroländer hat alle Lehren der Vergangenheit in den Wind geschlagen und den Grundstein für ein neues „Diktat aus Brüssel“ gelegt. Ausgerechnet Deutschland, die neue Siegermacht der Eurokrise, hat die Bedingungen vorgeschrieben. Sie sind so hart, dass sie durchaus an Krieg erinnern – an einen Wirtschaftskrieg um den Euro.

Bereits heute soll Premier Alexis Tsipras einen neuen Hilfsantrag in Brüssel vorlegen. Am Donnerstag soll ein neues Spar- und Reformprogramm stehen. Sollten die Konditionen nicht bis ins Detail bis Freitag Morgen um 8.30 Uhr erfüllt werden, werde man Griechenland aus dem Euro werfen, droht EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Der Grexit sei schon bis ins Detail vorbereitet.

So spricht man nicht mit Partnern, sondern mit Feinden. Aus diesen Beschlüssen spricht keine historische Vernunft, sondern der Wunsch nach Rache – dafür, dass sich Tsipras über den Willen der Euro-Granden hinweggesetzt und sein Volk zu einem „Nein“ hingerissen hat. Es sollte ein „Nein“ zu Ultimaten und Pressionen aus Brüssel sein - Brüssel antwortet mit neuen Ultimaten.

Gutes kann aus dieser Politik nicht erwachsen. Schon gar keine „Rettung“ Griechenlands. Denn der „Rettungsplan“, den die Euro-Granden nun in kürzester Zeit einfordern, wird nur formal in Athen geschrieben. In der Substanz dürfte er sich kaum vom letzten, von den Griechen mit großer Mehrheit abgelehnten Memorandum unterscheiden. Und einen Schuldenschnitt wird es auch nicht geben.

8 Jul 2015

LINKS

[1] /Frist-fuer-Griechenland/!5211006/

AUTOREN

Eric Bonse

TAGS

Schwerpunkt Krise in Griechenland
Euro-Krise
Griechenland
Schwerpunkt Krise in Griechenland
Schwerpunkt TTIP
Schwerpunkt Krise in Griechenland
Schwerpunkt Krise in Griechenland
Griechenland-Hilfe
Schwerpunkt Angela Merkel
Schulden
Schwerpunkt Krise in Griechenland
Schwerpunkt Krise in Griechenland
Polizei Berlin

ARTIKEL ZUM THEMA

Debatte Schuldenschnitt: Geld ist nur Geld

Der IWF hat recht: Man muss die griechischen Schulden streichen. Deutschland und Frankreich sollten dafür zahlen, dass ihre Banken gerettet wurden.

Selbstversorgung in Griechenland: Gemüsegarten gegen die Krise

In Karitena wird Geld knapp: Es gibt keinen Automaten, der Bus zur Stadt wurde eingespart, das Taxi ist zu teuer. Die Bewohner versorgen sich selbst.

Kommentar zu TTIP und Griechenland: Erosion der europäischen Idee

Die Griechenland-Krise steht für den Zerfall der EU, TTIP für ihre Ausdehnung. Beide zusammen stehen für die Abgehobenheit der Institutionen.

Kommentar Europäische Schuldenkrise: Auch Griechenland muss lernen

Hätten andere europäische Sozialstaaten eine Steuermoral wie Griechenland, wären sie auch pleite. Das Land braucht Modernisierung.

Verhandlungen zu Griechenland: Reformen bald, Kredite noch eher

Die griechische Regierung will bis Donnerstag Reformvorschläge präsentieren und sie kommende Woche umsetzen – wenn es neue Kredite gibt.

Griechenland stellt neuen Hilfsantrag: Weniger Last für Arbeiter und Rentner

Die griechische Regierung hat laut Alexis Tsipras einen neuen Hilfsantrag gestellt. So sollen die Belastungen der Reformen „gerechter verteilt“ werden.

Frist für Griechenland: Schlussstrich am Sonntag?

Noch bis Sonntag bekommt Griechenland Zeit, die Voraussetzungen für neue Finanzhilfen zu schaffen. Sonst drohe ein „Grexit“, so die EU-Kommission.

Griechenlands Krise: Das langsame Gleiten in den Grexit

Die EZB will keine Notkredite mehr bewilligen. So könnte sie den Grexit provozieren – weil Griechenland eine Parallelwährung einführen müsste.

Eurogruppen-Treffen zu Griechenland: Der jüngste Eklat

Das fängt ja gut an: Der neue Finanzminister Athens kommt ohne schriftlichen Reformvorschlag nach Brüssel. Die Stimmung ist im Keller.

Kommentar griechisches Referendum: Eine Chance für ganz Europa

Das griechische Referendum war keine Entscheidung über Finanzierungspläne, sondern über Demokratie. Und die funktioniert nicht ohne Hoffnung.

Umstrittene Demo-Parole in Berlin: Drastischer Zugriff

Ist „Deutschland, du mieses Stück Scheiße“ eine zulässige Äußerung? Nach einer Griechenland-Solidemo ermittelt die Polizei gegen 21 Personen.