taz.de -- Verhandlungen zu Griechenland: Reformen bald, Kredite noch eher

Die griechische Regierung will bis Donnerstag Reformvorschläge präsentieren und sie kommende Woche umsetzen – wenn es neue Kredite gibt.
Bild: Sparvorschläge bis Donnerstag versprochen: Alexis Tsipras spricht in Griechenland.

Brüssel afp | Nach der neugegebenen Frist im Schuldenstreit konzentriert Griechenland seine Anstrengungen nun auf ein drittes Hilfspaket. Die Regierung stellte am Mittwoch einen Antrag auf Gelder aus dem Euro-Rettungsfonds ESM mit einer Laufzeit von drei Jahren und versprach umgehende Steuer- und Rentenreformen, sollten die Kredite bewilligt werden. Bei einer von Tumulten begleiteten Rede im EU-Parlament zeigte sich Ministerpräsident Alexis Tsipras zudem zuversichtlich – präsentierte aber wenig Konkretes.

In dem Brief an den ESM begründete der neue Finanzminister Euklid Tsakalotos seinen Antrag auf Hilfen damit, dass Griechenland „seinen Schuldenverpflichtungen nachkommen und die Stabilität des Finanzsystems gewährleisten“ müsse. Athen sei im Gegenzug für die Kredite bereit, „gleich zu Beginn der kommenden Woche eine Reihe von Reformmaßnahmen“ im Steuer- und Rentenbereich zu realisieren.

Die Gläubiger verlangen in diesen Bereichen Reformen – etwa eine Kürzung der Rentenausgaben und einen beschränkten Zugang zum Vorruhestand sowie 23 Prozent Mehrwertsteuer für Hotels und Restaurants. Konkrete Zahlen legte das Finanzministerium in Athen in dem Brief noch nicht vor, auch der Umfang der erbetenen Kredite war nicht enthalten. Stattdessen erklärte Tsakalotos, detaillierte Vorschläge würden den Europartnern am Donnerstag präsentiert.

Ähnlich äußerte sich Tsipras in Straßburg: Die Regierung werde am Donnerstag „neue konkrete Vorschläge übermitteln, glaubhafte Reformen für eine faire und dauerhafte Lösung“. Ob es zu einem dritten Hilfspaket kommt, soll bis zu einem Sondergipfel am Sonntag entschieden werden. Ein Sprecher von Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem erklärte, der Hilfsantrag aus Athen werde noch am Mittwoch durch die Arbeitsgruppe der Eurostaaten geprüft.

1,6 Milliarden neue Kredite aufgenommen

Das zweite Hilfsprogramm für Griechenland war Ende Juni ausgelaufen, nachdem sich Athen mit den Geldgebern nicht auf Spar- und Reformvorgaben einigen konnte. Bei einem Referendum am Sonntag sprachen sich in Griechenland dann mehr als 61 Prozent gegen die bisherigen Gläubigervorschläge aus. Dem Land drohen derzeit der finanzielle und wirtschaftliche Kollaps und ein Austritt aus dem Euro.

Unterdessen nahm Griechenland durch die Ausgabe neuer Staatsanleihen am Mittwoch 1,625 Milliarden Euro ein. Dabei hatten Banken auf die Auszahlung eines Kredits am 10. Juli verzichtet und stattdessen neue Papiere mit einer Laufzeit von sechs Monaten 2,97 Prozent Zinsen gezeichnet. Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) wollte außerdem noch am Mittwoch erneut über die Notfallhilfe für griechische Banken beraten.

8 Jul 2015

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