taz.de -- "Pro Köln" mit Kontakten zu Oslo-Attentäter: Rechte Bürgerbewegung in Not

Auch an die rechtsextreme Vereinigung Pro Köln sandte der Osloer Attentäter vor den Anschlägen sein "Manifest". Die Gruppierung dementiert - allerdings wenig glaubwürdig.
Bild: Die Bürgerbewegung Pro Köln ist in Erklärungsnot.

BERLIN taz | Das [1]["Manifest"] des norwegischen Attentäters Anders Behring Breivik bringt die "Bürgerbewegung Pro Köln" in Erklärungsnot. Die rechtsextreme Vereinigung hielt 2008 einen "Anti-Islamisierungskongress" ab, der in dem 1.518-seitigen Pamphlet des Norwegers positiv erwähnt wird. Jetzt beklagt sich Pro Köln, in einen Zusammenhang mit dem "offensichtlich geistesgestörten Extremisten" gestellt zu werden. Judith Wolter, Vorsitzende der Pro-Köln-Fraktion im Stadtrat, sprach von einer "Kampagne gegen friedliche und gesetzestreue Islamkritiker und Patrioten", die sie "nur noch pietät- und geschmacklos" finde.

Vehement dementierte Wolter, dass Pro Köln zu jenem auserwählten Kreis gehört, dem Breivik kurz vor den Anschlägen sein wirres "Manifest" zuschickte. Breivik beschreibt die Linie der Partei darin als "Moderate nationalism". Die "Bürgerbewegung" habe "überhaupt keine solche E-Mail erhalten", erklärte Wolter. Das könne sie "nach einer ersten Überprüfung unserer E-Mail Postfächer festhalten".

Für Freitagabend haben antifaschistische und antirassistische Gruppen eine Kundgebung vor dem Stadtratsbüro von Pro Köln am Kölner Heumarkt geplant. In ihrem Aufruf weisen sie auf Breiviks langjährige Mitgliedschaft in der norwegischen Fortschrittspartei hin, die zu den Vorbildern der Pro-Bewegung in Deutschland gehört. Überdies erinnern sie an den Fall von Thomas A., einem Aktivisten der Pro Köln-Vorläuferin Deutsche Liga für Volk und Heimat. Er hatte 2003 in einem Amoklauf drei Menschen ermordet. "Rechte Gruppierungen ziehen Soziopathen an", sagte Linkspartei-Ratsherr Claus Ludwig. "Im geistigen Biotop von Rassismus und agressivem Nationalismus gedeihen Gewaltphantasien besonders."

27 Jul 2011

LINKS

[1] /Manifest-von-Anders-Behring-Breivik/!75148/

AUTOREN

Pascal Beucker

TAGS

Islamophobie

ARTIKEL ZUM THEMA

Postkarten für und gegen "Pro Köln": Falls Marke zur Hand

Um Bürgerstimmen gegen den EU-Beitritt der Türkei zu sammeln, hat die rechte Organisation "Pro Köln" Postkarten verschickt. Die Aktion könnte dank Facebook teuer werden.

Rechtsextreme "Pro Köln"-Bewegung: Die Anständigen sollen zu Hause bleiben

In Köln will die rechtsextreme "Pro Köln"-Bewegung demonstrieren. Die Polizei will, dass sie ignoriert werden. Doch Grüne, Linke und Antifa rufen zum Protest auf.

Verfassungsschutz bereitet Beobachtung vor: Islamhasser im Visier

Verfassungsschützer bereiten eine Beobachtung der islamfeindlichen Szene in Deutschland vor. Gegen einen Autor der Seite "PI News" wird bereits wegen Volksverhetzung ermittelt.

Gutachten über Breivik: Hinterbliebene sind enttäuscht

In Norwegen wird das Gutachten, das den Attentäter Breivik als unzurechnungsfähig einstuft, kritisiert. Politiker fordern eine neue Untersuchung. Breivik selbst ist "gekränkt".

Norwegischer Attentäter: Breivik für unzurechnungsfähig erklärt

Zwei Rechtspsychiater haben den norwegischen Attentäter Breivik für nicht schuldfähig erklärt. Die Gutachter führten 13 Gespräche mit Breivik, der in Oslo und Utøya 77 Menschen tötete.

Massenmörder von Oslo vor Gericht: Bizarres Benehmen von Breivik

Anders Behring Breivik sieht sich als "Militärkommandant". Das Gericht unterbindet Ausführungen zum Tatmotiv und verhängt eine Fortdauer der U-Haft.

Debatte um Islamkritik: Beruf Islamkritiker

Warum die Tat eines Islamisten und die Tat eines Islamhassers andere und doch gleiche Reaktionen hervorrufen. Und warum Islamkritik nicht gleich Islamkritik ist.

Nach den Anschlägen in Norwegen: "Alarmknopf" fürs Internet gefordert

In Deutschland werden Sicherheitsmaßnahmen im Internet diskutiert. Die norwegische Geheimdienstchefin ist überzeugt, dass der Attentäter voll zurechnungsfähig ist.

Debatte Attentate in Oslo: Prima Klima für Einzeltäter

Populisten und andere Islamfeinde wollen mit der schrecklichen Tat aus Norwegen nichts zu tun haben. Lasst sie damit bloß nicht davonkommen, sagt Robert Misik.

Wahlen zum Abgeordnetenhaus: Die Rechte will in die Mitte

Nach den Anschlägen von Oslo warnen Experten vor rechten Antiislamisten in Berlin - etwa in den wahlkämpfenden Parteien "Die Freiheit" und "Pro Deutschland".

Manifest von Anders Behring Breivik: Massaker als Marketing-Instrument

Das Manifest des norwegischen Massenmörders Anders Behring Breivik ist komplett irre: Ein manisch zusammengeschustertes Plagiat.