taz.de -- Norwegischer Attentäter: Breivik für unzurechnungsfähig erklärt

Zwei Rechtspsychiater haben den norwegischen Attentäter Breivik für nicht schuldfähig erklärt. Die Gutachter führten 13 Gespräche mit Breivik, der in Oslo und Utøya 77 Menschen tötete.
Bild: Unter Bewachung: Anders Behring Breivik wird im Polizeiwagen überführt.

OSLO dpa | Der Norweger Anders Behring Breivik kann für die Tötung von 77 Menschen wahrscheinlich nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Die Staatsanwaltschaft in Oslo bestätigte am Dienstag, dass zwei Rechtspsychiater den 32-Jährigen Massenmörder für unzurechnungsfähig erklärt haben. Ihre Schlussfolgerung nach mehrmonatigen Untersuchungen ist für das Gericht nicht bindend, gilt aber als zentrale Weichenstellung für das ab April geplante Gerichtsverfahren.

Breivik hatte am 22. Juli zuerst eine Bombe im Osloer Regierungsviertel gezündet. Dabei starben acht Menschen. Etwa zwei Stunden später begann er auf der kleinen Insel Utøya, Jagd auf Teilnehmer eines sozialdemokratischen Jugendlagers zu machen. Im Laufe einer Stunde tötete er 69 Menschen. Die meisten von ihnen waren Jugendliche.

Unmittelbar vor Überreichung des Gutachtens bei Gericht sagte der beteiligte Psychiater Torgeir Husby, seine Mitautorin Synne Sørheim und er selbst seien nicht im Zweifel über die Schlussfolgerung gewesen. Beide hatten 13 Gespräche mit dem Attentäter geführt, alle Polizeiverhöre per Video studiert und auch Breiviks Mutter interviewt. Ihr Gutachten umfasst 243 Seiten.

Bei einer Gerichtsentscheidung auf Zurechnungsfähigkeit beträgt die Höchststrafe für Mord in Norwegen 21 Jahre. Sollte Breivik für nicht zurechnungsfähig erklärt werden, kann das Gericht ihn auf unbestimmte Zeit zwangsweise in eine geschlossene Psychiatrie einweisen. Die Einweisung muss alle drei Jahre überprüft werden.Der Beginn des Gerichtsprozesses ist für den 16. April 2012 geplant.

29 Nov 2011

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