taz.de -- Kommentar Palästina: Wie man keinen Staat macht
Das Verhalten der USA mag politisch, juristisch und moralisch verwerflich sein. Angenehmere Verhandlungspartner können sich die Palästinenser aber nicht backen.
Selbstverständlich haben die Palästinenser jedes Recht, sich um die Anerkennung eines Staates zu bemühen. Natürlich können sie einen Antrag an den UN-Sicherheitsrat stellen. Und ganz ohne Zweifel haben Israel, die USA und Europa eine Bringschuld gegenüber den Palästinensern, die seit 63 Jahren auf das ihnen versprochene Staatswesen warten.
Die Frage aber bleibt, ob das Bemühen auch zielführend in Richtung eines wirklichen Nahost-Friedens ist. Alle Beteiligten wissen, dass die USA im Sicherheitsrat ihr Veto einlegen werden. Man mag dieses Verhalten der USA als politisch, juristisch und moralisch verwerflich brandmarken. Angenehmere Verhandlungspartner können sich die Palästinenser aber nicht backen. Sie müssen schon mit denen vorliebnehmen, die regieren, und das sind Netanjahu und Obama.
So muss man befürchten, dass die UN-Debatte über ihren eigenen Staat den Palästinensern zwar den vollen moralischen Erfolg bescheren wird, weil es die vermeintlich Schuldigen an den Pranger stellt; zum Frieden kann diese Politik aber nicht führen.
Gerade weil Israel und seiner Schutzmacht USA eine propagandistische Niederlage bevorsteht, wird sich ihre ohnehin gering ausgeprägte Neigung zur Realisierung einer Zweistaatenlösung noch weiter verflüchtigen. Auch das mag man dann voller moralischer Empörung geißeln. Doch Siege im Propagandakrieg hat es zwischen Jordan und Mittelmeer schon reichlich gegeben.
Es kommt endlich auf realpolitische Schritte zum Frieden an. Und sowenig der Ausbau jüdischer Siedlungen im Westjordanland dazu passt, so wenig hilft das von palästinensischer Seite propagierte Recht auf eine "Rückkehr" aller Vertriebenen nach Israel: Das nämlich würde dazu führen, dass Zweistaatlichkeit am Ende zwei arabische Staaten meint - also das Ende Israels.
26 Sep 2011
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