taz.de -- Lage in Syrien: Annan nennt Gewalt „alarmierend“
Das Versprechen zur Beendigung der Gewalt in Syrien ist ein leeres: Die Berichte über die Erschießung von Menschen dauern an. Nur die Nähe von UN-Beobachtern sorge für etwas Ruhe.
NEW YORK afp/dpa | Ungeachtet der seit zwei Wochen geltenden Waffenruhe in Syrien gehen nach Angaben von UN-Sondervermittler Kofi Annan die Angriffe der Regierungstruppen auf die Zivilbevölkerung weiter. Die Lage sei „düster“ und „inakzeptabel“. Der syrische Präsident Baschar al-Assad habe sein Versprechen zur Beendigung der Gewalt noch immer nicht erfüllt, sagte Annan am Dienstag (Ortszeit) per Videokonferenz vor dem UN-Sicherheitsrat.
Berichte über die Erschießung von Menschen in der Stadt Hama nach einem Treffen mit UN-Beobachtern nannte er „besonders alarmierend“. Nach Angaben der Syrischen Menschenrechtsliga wurden am Montag neun Menschen in Hama getötet, die am Vortag mit UN-Beobachtern gesprochen hatten.
Bei der Sitzung hinter geschlossenen Türen forderte Annan zudem eine schnelle Stationierung der vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen 300 Beobachter. Derzeit sind elf UN-Vertreter vor Ort, um den offiziell am 12. April in Kraft getretenen Waffenstillstand zu überwachen.
Nach Angaben des Chefs der UN-Friedenstruppen, Hervé Ladsous, könnte es noch einen Monat dauern, bis die ersten 100 Beobachter vor Ort seien. Seinen Angaben zufolge lehnte Damaskus bereits Vertreter aus Ländern ab, die zur Gruppe der Freunde Syriens gehören. Dies sind unter anderen die USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Saudi-Arabien und Katar.
Bombe detoniert in Damaskus
Vor der Sitzung des UN-Sicherheitsrats hatte Annans Sprecher in Genf gesagt, die syrische Regierung habe ihre schwere Waffen nicht wie zugesagt vollständig aus umkämpften Städten abgezogen. Das zeigten „Satellitenbilder und glaubwürdige Berichte“. Die Waffenruhe sei „äußerst fragil“. Die Regierungstruppen hielten die Waffenruhe nur ein, wenn UN-Beobachter in der Nähe seien. Annan ist der Syrien-Beauftragte der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga. Er war eingeschaltet worden, um die seit März vergangenen Jahres anhaltende blutige Niederschlagung der Proteste gegen Assad zu beenden.
Mitten in der Hauptstadt Damaskus detonierte am Dienstag eine Bombe, die in einem zivilen Geländewagen der Armee platziert worden war. Ein Krankenhausarzt sagte, der Fahrer des Wagens sei lebensgefährlich verletzt worden, als der Sprengsatz auf dem zentralen Al-Mardsche-Platz explodierte. Oppositionelle sprachen nach Angaben des US-Fernsehsenders CNN von mindestens 35 Toten am Dienstag.
15 Soldaten sollen am Dienstag in der Provinz Idlib gemeinsam desertiert sein. Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter meldete, ein hochrangiger Funktionär des Geheimdienstes sei in Damaskus ermordet worden. In dem Vorort Sajjida Zeinab habe es ein Gefecht zwischen den Regierungstruppen und Deserteuren gegeben. Seit Beginn des Aufstandes gegen Präsident Baschar al-Assad im März 2011 sollen mehr als 9000 Menschen getötet worden sein.
Das Welternährungsprogramm (WFP) verteilt derzeit nach eigenen Angaben Nahrungsmittelhilfe an 100.000 Menschen in Syrien. In den kommenden Wochen soll die Hilfe 500.000 Menschen zugutekommen. Voraussetzung sei allerdings, dass die Helfer Zugang zu den Bedürftigen erhielten, erklärte eine WFP-Sprecherin.
25 Apr 2012
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