taz.de -- Pressestimmen zu Griechenland: „Ein hoffnungsloser Fall!“
Die europäische Presse diskutiert die Krise in Griechenland. Einige warnen vor einem Austritt aus dem Euro, andere schüren die Angst vor extremen Minderheitsparteien.
Le Figaro, Paris: „Ein Austritt Griechenlands aus der gemeinsamen Währung würde das Land nicht nur ruinieren, sondern es würde auch einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen und Europa in eine äußerst gefährliche Unsicherheit stürzen. Was könnte Länder wie Spanien vor einer Ansteckung schützen? Und vielleicht würde ein unkontrollierter Domino-Effekt alles mit sich reißen? Die Europäer dürfen kein derartiges Risiko eingehen.“
Le Monde, Paris: „Die Wahlen in Frankreich und Griechenland haben den Auftrieb von Minderheiten hervorgebracht, deren Stimmen lauter werden. Ob sie aus dem rechtsradikalen oder aus dem linksradikalen Lager stammen und die gegenwärtige Ausrichtung der Europapolitik ablehnen: Diese Bewegungen erschüttern traditionelle Parteien, besonders die großen politischen Strömungen, die seit Jahrzehnten das Projekt Europa lenken. Diese Herausforderung gilt es anzunehmen. Keine Institution und keine Bewegung auf europäischem Niveau scheint heute in der Lage zu sein, Antworten auf die Fragen dieser Ablehnungsfront zu geben.“
L'Alsace, Mulhouse (Frankreich): „Nein, es ist nicht glaubwürdig, Griechenland mit einem Aderlass retten zu wollen. Es ist auch nicht glaubwürdig, den Griechen innerhalb weniger Monate eine Verwaltung aufzwingen zu wollen, die seit Jahrzehnten inexistent ist. Nein, die Partner Athens werden ihr Geld nie wiedersehen. Ja, Griechenland muss die Euro-Zone verlassen. (...) Griechenland ist ein hoffnungsloser Fall!“
Kurier, Wien: „Wenn der Chef der griechischen Radikallinken, Alexis Tsipras, lässig erklärt, er fühle sich nicht an Zusagen der früheren Regierung zur Rückzahlung von Krediten gebunden, dann soll er einmal Nachhilfe im Völkerrecht nehmen. Natürlich sind internationale Verträge auch nach einem Regierungswechsel gültig. Und wenn Herr Tsipras sich wünscht, dass sein Land den Euro behält, dann wird er das mit der EU und seinen Gläubigern besprechen müssen.
Griechenland hat sich durch gefälschte Zahlen in die Euro-Zone geschummelt. Schlimm genug. Ein Austritt oder Hinauswurf würde jetzt allen Beteiligten schaden. Also muss Griechenland mit der EU und dem Währungsfonds an einer gemeinsamen Lösung arbeiten. Im Zweifel hilft nur deutlicher Zwang der europäischen Gemeinschaft. Uns und den Griechen zuliebe.“
Neue Zürcher Zeitung, Zürich: „Bisher war ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion, egal ob freiwillig oder erzwungen, bei der Notenbank offiziell immer tabu gewesen. Die politische Unsicherheit in Athen scheint nun zu einem ersten Umdenken in der EZB geführt zu haben. Es ist nicht das erste Mal, dass der Sanierungskurs in Griechenland auf der Kippe steht. Das letzte Druckmittel der Geber ist stets die Drohung mit der Einstellung der Kredithilfe. Die Crux damit ist, dass die damit provozierte ungeordnete Pleite, der möglicherweise das Ausscheiden aus der Währungsunion folgen würde, auch für weitere Krisenstaaten und die ganze Euro-Zone unabsehbare negative Folgen haben könnte.“
Kapital Daily, Sofia: „Das politische Drama in Griechenland würde die europäischen Spitzenpolitiker in einer ruhigeren Zeit nicht beeindrucken, doch das ist jetzt nicht der Fall. Im Juli soll Athen neue Finanzhilfen im Wert von 11,5 Milliarden Euro erhalten, allerdings nur unter der Bedingung, dass es neue Einschnitte zur Reduzierung des gewaltigen Haushaltsdefizits billigt. Damit die neuen Einschnitte gemacht werden, muss es unbedingt eine Regierung geben, die sie vorschlägt, sowie ein Parlament, dass sie dann verabschiedet. (...) Doch nichts prophezeit auch dem PASOK-Chef Evangelos Venizelos Erfolg bei der Regierungsbildung.“ (dpa/afp)
10 May 2012
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