taz.de -- Russland schlägt Tschechien: Fußball zum Staunen

Die Russen gewinnen überragend mit 4:1 gegen die Tschechen. Sie bieten Fußball zum Staunen und Haare raufen zugleich. Es ist ein imposanter Auftritt.
Bild: Roman Schirokov

So lief das Spiel: In der ersten Minuten dieser EM wirkt das Spiel der Russen geradezu kontemplativ. Sie überlassen den hochmotivierten Tschechen das Spiel. Doch dann starten die glorreichen Sieben vom russischen Meister Zenit Petersburg (durch vier weitere Spieler ergänzt) urplötzlich ihre überfallartigen und bestens aufeinander abgestimmten Angriffe. Zu bemängeln ist dabei nur die Fahrlässigkeit, mit der sie beste Möglichkeiten ungenutzt lassen.

In der 15. Minute kann Alan Dzagoev die Situation noch ausbügeln, als Alexander Kerschakow nur an den Pfosten köpft. Den zurückprallenden Ball drischt er wuchtig ins Tor. Wenig später versagt er aber selbst freistehend vor dem Tor kläglich. Die Russen bieten Fußball zum Staunen und zum Haare raufen zugleich. Nach einer wunderschönen Ballstafette sorgt Roman Schirokow mit seinem frechen Lupfer über den Weltklassetorhüter Petr Cech zumindest dafür, dass das Missverhältnis zwischen Chancen und Toren nicht allzu groß wird.

Dabei sind die Tschechen redlich bemüht ihr Heil ebenfalls in der Offensive zu suchen. Auf die allzu leicht auseinander zu dividierende Abwehrviererkette ist wirklich kein Verlass. Die Harikiri-Taktik scheint kurz nach der Halbzeit aufzugehen. Vaclav Pilar, der schön von Jaroslav Plasil geschickt wird, gelingt der Anschlusstreffer. Doch in der Schlussphase legt das russische Team noch einmal zu. Mit den Treffern von Dzagoev (79.) und Roman Pawljutschenko (82.) erhält der imposante Auftritt der Russen auch ein entsprechendes Ergebnis.

Der Moment des Spiels: Zwölf Minuten vor Schluss trifft Alan Dzagoev zum erlösenden 3:1 für Russland und entscheidet damit endgültig die Partie.

Der Spieler des Spiels: Schon vor der EM hatten einige dem 21-jährigen hochbegabten Alan Dzagoev zugetraut, zu den großen Überraschungen des Turniers zu werden. So betrachtet, war es dann gar nicht so überraschend, dass er auf der rechten Seite für mächtig Wirbel sorgte und zum Doppeltorschützen wurde.

Die Pfeife des Spiels: Alexander Kerschakow hätte sich bereits im ersten Spiel ein bequemes Polster in der Torjägerrangliste des Turniers schaffen könnten. In der 73. Minute hatte Trainer Dick Advocaat ein Einsehen und nahm das 29-jährige Nervenbündel vom Platz.

Die Schlussfolgerung: Blockbildung lohnt sich. Das Nationalteam von St. Petersburg harmonierte deutlich besser als die elf tschechischen Auswahlspieler, die aus elf unterschiedlichen Vereinen rekrutiert wurde. Allerdings hat das eingespielte russische Ensemble einen Hang dazu, sich selbst um den verdienten Lohn zu bringen. Trotz drückender Überlegenheit stand es lange Zeit nur 2:1. In der Gruppe A dürfte Russland sich indes problemlos fürs Viertelfinale qualifizieren.

Und sonst? Der erste Bengalo-Wurf dieser EM kam aus dem russischen Block. Ein Freudenfeuer nach der 1:0-Führung landet direkt auf dem Rasen. So ein Ärger, die kontrollsüchtige Uefa hat nämlich verfügt, dass Bengalos auf den Rängen nicht in den TV-Übertragungen zu sehen sein dürfen.

8 Jun 2012

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Johannes Kopp
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