taz.de -- Kommentar Parlamentswahlen Ukraine: Demokratie muss warten

Vieles war bei den Parlamentswahlen in der Ukraine wie gewohnt. Dennoch geht das Anti-Janukowitsch-Lager gestärkt aus dieser Wahl hervor.
Bild: Timoschenko-Anhängerin mit dem Konterfei der Politikerin bei einer Soli-Demo im März in Kiew.

Der Ausgang der Parlamentswahlen in der Ukraine ist in vielerlei Hinsicht ein Déjà-vu: Das gilt für den Sieg der regierenden Partei von Staatspräsident Wiktor Janukowitsch. Das gilt dafür, dass seine „Partei der Regionen“ erwartungsgemäß in den östlichen russischsprachigen Teilen des Landes und auf der Halbinsel Krim punkten konnte. Und das gilt auch für zahlreiche Manipulationen sowohl während des Wahlkampfes als auch am Tag der Abstimmung selbst.

Auch dieses Mal wurde wieder das gesamte, auch aus anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion sattsam bekannte Programm abgespult: Einschüchterung von Oppositionspolitikern und Wählern, Behinderung der Berichterstattung regierungskritischer Medien, Stimmenkauf sowie einseitige Besetzung der Wahlkommissionen. Und ein nicht unerheblicher Teil der sogenannten unabhängigen Direktkandidaten dürfte – gegen Zahlung einer entsprechenden finanziellen Motivationshilfe – noch in das Regierungslager wechseln.

Der Einzug der nationalistischen Partei Swoboda in das Parlament verweist zudem einmal mehr auf eine Tendenz, die für die Ukraine seit ihrer Unabhängigkeit charakteristisch ist und sich künftig noch verstärken könnte: eine tiefe Spaltung des Landes zwischen Ost und West.

Also alles so wie immer? Nicht ganz. Zwar haben die Oppositionsparteien Batkiwschtschyna (Vaterland) der inhaftierten ehemaligen Regierungschefin Julia Timoschenko und Udar (Schlag) unter Vitali Klitschko erneut Chancen verspielt, weil sie sich in nur wenigen Fällen auf einen gemeinsamen Kandidaten verständigen konnten. Dennoch geht das Anti-Janukowitsch-Lager gestärkt aus dieser Wahl hervor.

Nicht zuletzt dem Boxprofi und Politikneuling Vitali Klitschko, der einen proeuropäischen Kurs fährt und gegen Korruption und Vetternwirtschaft zu Felde ziehen will, ist einiges zuzutrauen. Er könnte zum Motor einer Opposition werden, die diesen Namen auch verdient. Das wäre ein Schritt in Richtung Demokratie.

29 Oct 2012

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Barbara Oertel
Barbara Oertel

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