taz.de -- Kommentar Syrien: Es wird noch viel schlimmer
Für die Politik des Abwartens werden auch die europäischen Staaten zahlen müssen. Die syrischen Flüchtlinge werden es in absehbarer Zeit auch in ihre Staaten schaffen.
Die Prognosen sind erschreckend. Die Zahl der Flüchtlinge aus Syrien wird sich mehr als verdoppeln oder sogar verdreifachen. Die Nachbarstaaten Jordanien, Türkei und Libanon sind bereits jetzt mit rund 400.000 Flüchtlingen am Ende ihrer Aufnahmekapazität angelangt. Die Ressourcen in diesen Staaten sind begrenzt. Die Flüchtlinge benötigen aber Wasser, Nahrung, Strom, medizinische Versorgung und eine Unterkunft.
Immer mehr Menschen, die derzeit innerhalb Syriens auf der Suche nach Schutz und Sicherheit sind, werden überdies dazu gezwungen sein, die Grenzen zu überqueren, um ihr bloßes Leben zu retten. Der Bürgerkrieg im Lande wird an Grausamkeit und Brutalität noch einmal deutlich zunehmen. Das wird die Nachbarn Syriens vor riesige Probleme stellen.
Derzeit werden rund 1,5 Millionen Menschen innerhalb Syriens vom World Food Programm (WFP) notdürftig versorgt. Wenn die militärische Lage eine solche Versorgung nicht mehr zulässt, werden diese Menschen zu den Grenzen drängen. Die Ankunft von rund 11.000 Menschen am Wochenende ist ein Hinweis darauf, wie schnell und dramatisch sich die Situation verschärfen kann und wird.
Derzeit ist die syrische Opposition nicht in der Lage, den Krieg zu ihren Gunsten zu entscheiden. Die Ergebnisse der politischen Verhandlungen der Opposition in Doha sind vorerst kaum mehr als vage Versprechen auf eine zukünftige Einheit und Zusammenarbeit. Und die internationale Gemeinschaft zeigt nach wie vor keinerlei Neigung, sich stärker in diesem Konflikt zu engagieren.
Die Folge dieser Politik des Abwartens ist klar: die europäischen Staaten werden zahlen müssen. Und sie werden damit rechnen dürfen, dass syrische Flüchtlinge es in absehbarer Zeit auch bis in ihre Staaten schaffen. Die CDU will ja jetzt immerhin schon mal die christlichen Syrer aufnehmen. Das ist zwar diskriminierend, aber wenigstens ein Anfang.
11 Nov 2012
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Mahmoud El A. hatte regelmäßig Kontakt in die syrische Botschaft in Berlin. Er will aber nicht gewusst haben, dass seine Informationen gegen Oppositionelle verwendet wurden.
Nach Beschuss aus Syrien will die Türkei Unterstützung der Bundeswehr mit „Patriot“-Abwehrraketen. Doch es geht um mehr als Selbstverteidigung.
Die französische Regierung will die Aufhebung des Waffenembargos gegen Syrien beantragen. Ziel sei die Versorgung der Opposition mit militärischem Gerät.
Seit zwei Tagen gehen in Jordanien Tausende auf die Straße. „Brot, Freiheit, Gleichheit“ rufen sie wütend und tanzen gegen den König.
Der neue Oppositionsblock bekommt Rückendeckung: Die Arabische Liga und die reichen Golfstaaten erkennen ihn als rechtmäßigen Vertreter Syriens an.
Ein syrisches Kampfflugzeug soll ein Gebiet nahe einem Grenzübergang zur Türkei bombardiert haben. Indes stellte die syrische Opposition ihre Führung neu auf.
Zwischen Syrien und Israel wächst die Spannung. Auf Mörserfeuer reagierten die Israelis mit Raketen. Die ersten Schüsse seit Jahrzehnten.
Neue Verhandlungen über die Kontrolle des globalen Waffenhandels ist beschlossen. Im Juli waren die USA noch dagegen. Jetzt stimmten sie mit Ja.
Die Regierung in Ankara und die Nato streiten das Gesuch zur Stationierung des Systems zur Raketenabwehr an der Grenze zu Syrien ab.
Die Wiederwahl Obamas vereinfacht die Beziehungen zwischen Moskau und Washington nicht. Romney tat wenigstens so, als würde er Russland ernst nehmen.
In der Nähe des syrischen Präsidentenpalastes sind Granaten eingeschlagen, drei Menschen starben. Der oppositionelle Syrische Nationalrat wählt eine neue Führung.