taz.de -- dapd entlässt Mitarbeiter: Ein Redakteur muss reichen

Die Nachrichtenagentur dapd hat im Video- und im Sportressort alle Mitarbeiter gekündigt. Alle? Nein, jeweils einer wurde übrig gelassen.
Bild: Da waren es nur noch zwei. Die Flutwelle der Entlassungen erreicht die dapd-Redakteure.

BERLIN taz | Was ist unangenehmer? Derjenige zu sein, der allein zurückbleiben muss, oder zu den Entlassenen zu gehören? Im Sport- und im Videoressort der Nachrichtenagentur dapd darf jeweils nur ein Redakteur weiterarbeiten. Alle anderen, bei Video sollen es neun von zehn Mitarbeitern sein, beim Sport um die 30, wurden heute von Bord gestoßen.

Insgesamt stellte der Insolvenzgeschäftsführer Wolf von der Fecht 98 Angestellte aus den acht insolventen dapd-Gesellschaften frei. „Die Kündigungen seien das Fundament für eine langfristige Stabilisierung der Nachrichtenagentur-Gruppe“, ließ von der Fecht mitteilen.

Das am 12. November vorgestellte Restrukturierungskonzept solle wie geplant umgesetzt werden. Die Frage ist jedoch: Wie? In dem Restrukturierungskonzept, das von der Fecht der Öffentlichkeit präsentierte, wurde beteuert, man wolle weiterhin eine Vollagentur bleiben.

Mit einem Sportredakteur wird das allerdings kaum zu stemmen sein. „„Der Sportdienst wird künftig nur noch mit einem deutlich verminderten Umfang angeboten“, heißt es dazu in einem Statement des Geschäftsführers euphemistisch. Während wie vor zwei Wochen bereits [1][von der taz beschrieben] der Sport- und der Videobereich also im Prinzip abgewickelt wurden, soll die Auslandsberichterstattung auf jeden Fall weitergehen, sie sei ein „integraler Bestandteil der dapd-Nachrichtengruppe“. Die Zusammenarbeit mit Associated Press (AP) würde „unverändert fortgesetzt“.

Das sehen die US-Amerikaner anders. Zwar haben sich AP und dapd gerade vor einem US-Gericht geeinigt, dass AP dem deutschen Partner gegen wöchentliche Zahlungen weiterhin Nachrichten und Fotos zukommen lässt, doch berühre diese Entscheidung nicht die Mitte November erfolgte Kündigung des Vertrags mit der dapd, teilte AP mit. An der wolle die US-Agentur, die ab Januar ihre Texte und Bilder in Deutschland mithilfe des dapd-Konkurrenten Deutsche Presse Agentur (dpa) vermarkten will, festhalten.

Am 18. Dezember soll bei einem weiteren Gerichtstermin in New York über die Kündigung zum Jahresende mit dapd und den Beginn der Kooperation mit dpa entschieden werden.

28 Nov 2012

LINKS

[1] /!105540/

AUTOREN

Jürn Kruse

TAGS

Nachrichtenagentur
dapd
Entlassungen
Redakteur
Nachrichtenagentur
Schwerpunkt Zeitungskrise
dapd
dapd
Zensur
dapd

ARTIKEL ZUM THEMA

Das Ende der Nachrichtenagentur dapd: Nur ein Traum

Dapd wollte die wichtigste Nachrichtenagentur des Landes werden. Die Idee war so groß, dass viele daran glaubten. Unsere Autorin hat das Ende erlebt.

Insolvenz Nachrichtenagentur: Dapd stellt Betrieb ein

Die insolvente Nachrichtenagentur dapd stoppte die Belieferung ihrer Kunden am Donnerstag um 17 Uhr. Die 175 Mitarbeiter erhalten noch für April Insolvenzgeld.

Hoffnung für die „dapd“: „Closen“ und auf den Weg bringen

Der neue Geschäftsführer Ulrich Ende will mit der insolventen Nachrichtenagentur schon bald neu starten. Mit welchen Investoren, sagt er nicht.

Streit zwischen „dapd“ und „AP“: Mit Investor aber ohne Partner

„Associated Press“ liefert nicht mehr an die insolvente „dapd“. Derweil kauft der frühere N-24-Geschäftsführer Ulrich Ende die insolvente Agentur.

Indymedia steht vor dem Aus: Vom modernen Netz überholt

Manchmal vergehen drei bis vier Wochen zwischen zwei Beiträgen: Der deutsche Ableger des linken Internetportals Indymedia erstarrt langsam.

„dapd“-Insolvenz: „AP“ darf nicht mit „dpa“

Freude und Trauer liegen eng zusammen: 100 „dapd“-Mitarbeiter bekommen ihre Kündigung. Aber der Vertrag mit „AP“ bleibt bestehen.