taz.de -- Kommentar Kolumbien: Der Krieg geht einfach weiter
Es sieht nicht so aus, als würden die kolumbianische Regierung und die Farc ihre Positionen überdenken. Friedensverhandlungen gehen anders.
Es herrscht Krieg in Kolumbien, immer noch. Nur drei Tage nach dem Abschluss der ersten Verhandlungsrunde zwischen Guerilla und Regierung in Havanna hat die Armee nach eigenen Angaben bei der Bombardierung eines Guerillalagers zwanzig Menschen getötet. Das passt zwar zu Präsident Juan Manuel Santos’ Position: Von Beginn an lehnte er einen Waffenstillstand während der Verhandlungen ab und ging auch nicht auf die einseitige Waffenruhe der Guerilla ein. Aber passt es auch zu Friedensverhandlungen?
Voraussetzung für Verhandlungen ist, dass beide Seiten eingestehen, ihre Ziele militärisch nicht erreichen zu können. Das bedeutet gleichzeitig, dass diese Ziele auch am Verhandlungstisch nicht durchgesetzt werden können. Das Schweigen der Waffen muss beiden Seiten wichtig genug sein, um auf der Suche nach Kompromissen von bestimmten Positionen Abschied nehmen zu können. Dafür gibt es bislang auf Seiten der Guerilla wenige Anzeichen, auf Seiten der Regierung gar keine. Jedenfalls keine glaubwürdigen.
Die Regierung Santos versteht es meisterhaft, eine De-facto-Fortsetzung des Status quo mit fortschrittlicher Rhetorik und sogar Gesetzgebung zu verbinden. Opferentschädigungsgesetz, Gesetz über die Landrückgabe an Vertriebene – das alles hat sie in die Wege geleitet. Nur in der Praxis hat sich kaum etwas geändert, und dahinter scheint System zu stecken. Das erzeugt Misstrauen.
Die Farc wird keine Revolution herbeiverhandeln können – dazu hat sie auch überhaupt kein Mandat. Zwar teilen viele die Motive und Problembeschreibungen, die einst zur Gründung der Guerilla führten. Die große Mehrheit aber lehnt die heutige Organisation und ihre Praktiken ab. Die Zivilgesellschaft steckt zwischen den Fronten und hofft darauf, dass sie verschwinden. Bomben während der Verhandlungen helfen da nicht.
3 Dec 2012
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