taz.de -- Proteste in Kairo: Ultimatum an die Demonstranten
Die Demonstranten in Kairo sollen den Bereich am Palast des Präsidenten bis zum Nachmittag verlassen, sonst werde die Garde ihn räumen. In der Nacht starben fünf Menschen.
KAIRO afp/dpa | Die Republikanische Garde in Ägypten hat den Demonstranten vor dem Palast von Staatschef Mohammed Mursi ein Ultimatum gestellt. Sie müssten den Bereich bis 15 Uhr Ortszeit (14 Uhr MEZ) verlassen, dann werde die Garde den Bereich räumen, teilte das Präsidialamt am Donnerstag mit. Die für den Schutz des Präsidenten abgestellte Garde habe zudem ein Verbot für Protestaktionen rund um zur Präsidialverwaltung gehörende Institutionen erlassen.
Die höchste religiöse Instanz der Sunniten forderte Mursi unterdessen auf, das umstrittene Dekret zur Erweiterung seiner Machtbefugnisse bis auf Weiteres auszusetzen. Es müsse der Weg für einen Dialog ohne Vorbedingungen geebnet werden, erklärte das Kairoer Al-Ashar-Institut. Das von Mursi am 22. November erlassene Dekret müsse ausgesetzt und dürfe nicht angewendet werden.
Nach den blutigen Zusammenstößen in der Nacht zum Donnerstag zwischen Islamisten und Oppositionellen in Ägypten ist die Zahl der Verletzten auf 644 gestiegen. Das berichteten die staatlichen Medien am Donnerstag unter Berufung auf das Gesundheitsministerium.
Den Angaben zufolge wurden in der Nacht zum Donnerstag auch fünf Leichen in die Krankenhäuser im Osten der Stadt gebracht. Ärzte bemühten sich weiter um einen Fotografen der Zeitung Al-Fagr, der nach einem Kopfschuss am frühen Morgen für klinisch tot erklärt worden war.
6 Dec 2012
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Ägyptens Präsident ist gerade erst im Amt, und schon sterben die ersten Demonstranten. Die Opposition weist sein Dialogangebot entschieden zurück.
Vor dem Präsidentenpalast in Kairo schlagen Mursis islamistische Anhänger Oppositionelle. Sie wittern eine Verschwörung des Auslands.
Opposition und Muslimbrüder versuchen, Möglichkeiten für eine Befriedung des Konflikts zu finden. Doch es sind auch weitere Demonstrationen angekündigt.
Die ägyptische Armee hat versprochen, ihre Panzer nicht gegen Protestierende zu richten. Mindestens vier Menschen sollen in Kairo in der Nacht getötet worden sein.
Die Proteste in Kairo weiten sich auf das ganze Land aus. Ein Oppositionsbündnis fordert eine neue verfassungsgebende Versammlung.
Ägypten arbeitet gerade seine Geschichte der Spaltung und Verfolgung auf. Trotz vieler Proteste gegen Präsident Mursi wird es keinen Bürgerkrieg geben.
Präsident Mursi will das Volk über die umstrittene neue Verfassung abstimmen lassen. Eine Mehrheit dürfte ihm trotz aller Proteste sicher sein
In den Protesten gegen Präsident Mursi kommt vor allem eines zum Ausdruck: Das tiefe Misstrauen der Ägypter gegenüber der Obrigkeit.