taz.de -- Kommentar Bio-Eier: Die Kontrollen haben versagt
Mit jedem Vorfall steigt der Druck auf die Politik, endlich zu handeln. Zentral gesteuerte Lebensmittelkontrollen könnten ein erster Schritt sein.
Eigentlich ist es ja eine schlechte Nachricht, dass die Lebensmittelbranche binnen nur zwei Wochen von zwei Skandalen erschüttert wird. Erst wurde den Verbrauchern vermutlich [1][billigeres Pferdefleisch als teureres Rindfleisch] verkauft. Nun haben die Konsumenten [2][auch für Eier bezahlt, die unter Missachtung der Tierschutzvorschriften in überbesetzten Ställen produziert wurden]. Aber dass diese Verstöße so dicht hintereinander öffentlich werden, bedeutet auch eine Chance.
Denn nun dürfte der Druck auf die Politik steigen, endlich die Lebensmittel- und Tierschutzkontrollen zu verbessern. Schließlich hat das Kontrollsystem in beiden Fällen eklatant versagt. Die Fleischpanscher haben mindestens sechs Monate lang europaweit Pferdefleisch zugemischt, ohne erwischt zu werden. Die Kontrolleure in Frankreich und Deutschland haben überhaupt nichts bemerkt, bis Irland einen Zufallsfund landete.
Die beschuldigten Legehennenhalter hielten offenbar seit Jahren systematisch zu viele Tiere pro Stall. Aufgedeckt wurde auch das weder durch die zuständigen Veterinärämter noch von den Öko-Kontrollstellen oder der Selbstkontrollorganisation der Eierwirtschaft KAT.
Das Betrugspotenzial in der Lebensmittelbranche ist groß. Ein Grund ist der gigantische Preisdruck, den der Handel auf die Erzeuger ausübt. Umso peinlicher ist, dass in manchen Bundesländern ein einziger Lebensmittelkontrolleur für 1.000 Betriebe zuständig ist. Die Inspektoren sind bei den Kommunen angesiedelt, müssen es aber wie beim Fleischskandal oft mit multinationalen Konzernen aufnehmen.
Die Konsequenz aus den neuesten Skandalen muss sein, die Lebensmittel- und Tierschutzüberwachung zumindest auf Landesebene zu zentralisieren – und mit mehr Personal auszustatten. Aber auch die privaten Kontrollen müssen besser werden. Deshalb sollte der Staat etwa den Handelskonzernen vorschreiben, Fleischlieferungen im Labor selbst zu überprüfen. Bisher sind sie bei falschen Kennzeichnungen ihrer Produkte strafrechtlich kaum zu belangen.
Reformbedarf gibt es auch bei manchen Öko-Kontrollstellen. Auffallend viele Betriebe, deren Tierschutzverstöße später aktenkundig wurden, waren zuvor immer wieder ergebnislos von derselben Kontrollstelle überprüft worden. Auch das muss endlich ein Ende haben.
25 Feb 2013
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Landwirte hatten zu viele Legehennen in ihre Ställe gestopft. Jetzt fordert die Staatsanwaltschaft Bewährungsstrafen und Geldauflagen.
Wegen mit serbischen Schimmelpilzen belastetem Mais werden 938 Höfe in Niedersachsen gesperrt. Bio-Höfe sind nicht betroffen.
Auf dem größten Pferdemarkt Europas ist der Skandal um Billigtiefkühlkost kein Thema. Dafür versuchen Tierschützer, die Gäule vor Misshandlungen zu bewahren.
Ein Code auf der Schale zeigt dem Verbraucher, woher das Ei kommt. Zwei Drittel der Legehennen in Deutschland sehen niemals blauen Himmel.
Rund 200 Landwirte stehen im Verdacht, Eier unter Missachtung der Tierschutzregeln produziert zu haben. Betroffen sind konventionelle und Biobetriebe.
Gegen 200 Hühner-Betriebe wird wegen Verbrauchertäuschung ermittelt: Mehrere Millionen Bio- und Freiland-Eier stammten aus überbelegten Ställen.
Jetzt gerät Ilse Aigner in den Fokus der Kritik: Die Opposition wirft der Agrarministerin mangelndes Krisenmanagement im Pferdefleisch-Skandal vor.