taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Geld wie Sand
Wüstenmilliardäre investieren mittlerweile gerne in europäische Klubs. Gerade Spanien und England haben es den Scheichs angetan.
Nichts geht mehr im europäischen Fußball ohne die Scheichs aus Arabien. Besonders für englische und spanische Vereine haben Wüstenmilliardäre aus Katar, Dubai oder den Vereinigten Arabischen Emiraten ihr Herz entdeckt. Und ist die Liebe erst einmal entflammt, begnügen sie sich nicht mit einem Trikot und einem VIP-Ticket, dann kaufen sie den Verein.
Erlöst von seinem amerikanischen Besitzer, dem Immobilien-Mogul [1][Stan Kroenke], der sich zur Absicherung mit einer zukünftigen Wal-Mart-Erbin liiert hat, wird demnächst wohl der FC Arsenal. Eine arabische Investorengruppe ist [2][gewillt], dessen Zweidrittelmehrheit am Verein für 1,73 Milliarden Euro zu übernehmen. Ganz im Gegensatz zum knausrigen Ami und seinem usbekischen Minderheitseigner [3][Alisher Usmanov] wollen die Fußballfreunde aus Katar und den Emiraten auch die Schulden des Klubs in Höhe von 250 Millionen Pfund tilgen und Geld für neue Transfers bereitstellen.
Von einem Schnäppchen kann zwar nicht die Rede sein – noch vor wenigen Jahren gingen 90 Prozent der Anteile an Manchester City für lächerliche 210 Millionen Pfund in den Besitz von Scheich [4][Mansour bin Zayed Al Nahyan] über – aber bei einer neuen Liebe schauen die Gentlemen vom Golf nicht auf die Rechnung. Müssen sie auch nicht, denn Geld haben sie noch mehr als Sand.
Dass sich die Investitionen auch über das Emotionale hinaus lohnen können, zeigt das Beispiel des [5][FC Malaga]. Für läppische 25 Millionen Euro übernahm der Emir von Katar erst den chronisch erfolglosen Klub und sicherte sich anschließend die Ausschreibung zum Bau des Yachthafens im benachbarten Marbella im Volumen von 550 Millionen Dollar. Und die Neu-Besitzer des FC Getafe nutzen den Klub, um in örtliche Tourismus- und Solarenergieprojekte einzusteigen. Fußball als Form der Wirtschaftsdiplomatie.
Die Moral!
Und Gewinner auf allen Seiten: Der klamme spanische Staat erhält dringend benötigte Investitionen, die Fans den ersehnten Erfolg und der Fußball seine Moral zurück. Ja, richtig, die Moral! Der britische Buchmacher William Hill Plc (Pfui, Glücksspiel!) hatte mit dem Einstieg des Emirs in Malaga als Hauptsponsor ausgedient, stattdessen warben die Kicker von da an für die Kinder dieser Welt (Hui, Unesco!).
Warum also tut man sich in Deutschland nur so schwer mit den arabischen Gönnern? Einzig der TSV 1860 München hatte den Mut, sich dem jordanischen Geschäftsmann [6][Hasan Ismaik] anzuvertrauen. Zwar grätschte die DFL rüde in die Verhandlungen und verhinderte eine Übernahme von mehr als 49 Prozent der Stimmrechte, doch am langfristigen Erfolg wird das nichts ändern.
Schon jetzt ist Sechzig Tabellensiebter der zweiten Liga und Sven-Göran Eriksson wäre auch fast ein Löwe geworden. Immerhin: Die Erfolgsmeldungen sprechen sich langsam herum, zumindest im Stadtgebiet. Uli Hoeneß, der Kapitalismuskritiker im europäischen Fußballmaßstab und Ober-Gegner der WM-Vergabe an Katar, lobte jüngst die „Professionalität“ der Kataris und forderte, das Turnier „nicht mehr in Frage zu stellen“.
Dass jegliche Angst vor den Scheichs völlig unbegründet ist, hat der schlaue Fuchs Hoeneß längst erkannt. Denn wenn die Liebe der Investoren erkühlt und die Finanzspritzen ausbleiben, wie jüngst beim FC Malaga, ist der Weg an die europäische Spitze frei für seinen FCB. Malaga darf wegen ausbleibender Gehaltszahlungen nächste Saison [7][nicht] im Europapokal starten, vielleicht ergeht es dem FC Arsenal bald ähnlich. Spätestens nächsten Winter wird sich Uli Hoeneß ins Fäustchen lachen können, im Trainingslager der Bayern – wie immer in Katar.
4 Mar 2013
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
1860 München-Investor Hasan Ismaik hat seine Lektion gelernt: Nur wer sich als einfacher Mensch zu inszenieren weiß, hat Chancen bei den Fans.
Was die Schlagzeilen betrifft, können die Löwen mit den Bayern mithalten. Der Streit zwischen dem Verein und Investor Hasan Ismaik ist bühnenreif.
Die kitschigste Wohlfühlgeschichte dieser Champions-League-Saison schreibt der FC Malaga, Borussia Dortmunds gebeutelter Viertelfinal-Gegner.
Doch kein Fußballsuperturnier in Katar: Die Londoner „Times“ gibt zu, einer Falschmeldung nachgegeangen zu sein – und entschuldigt sich.
Wenn die das schreiben, muss es ja stimmen: Die „Times“ meldet, dass Katar eine Klub-WM plant – und ist wohl einem Scherz aufgesessen.
Die Münchner stolpern mit einer Niederlage gegen Arsenal ins Viertelfinale. Endlich hat Uli Hoeneß wieder einen Grund, so richtig vom Leder zu ziehen.
Der FC Bayern München siegt sich dumm und dusselig. Aber führt diese Dominanz nicht automatisch zum Ende des FC Hollywood?
Wer der TSG 1789 Hoffenheim Punkte klaut, dem fliegen die Herzen zu. Sogar der FC Augsburg ist kurz mal ganz beliebt.
Die Ermittlungsergebnisse zum Wettskandal schockieren Fifa-Boss Sepp Blatter zutiefst. Echt? Wie war das nochmal mit der WM in Katar 2022?
Der VfB Stuttgart will hoch hinaus und startet doch einen Angriff auf die Abstiegsplätze. Das war so sicher nicht geplant.