taz.de -- Champions-League-Achtelfinale: Wake-Up-Call für München
Die Münchner stolpern mit einer Niederlage gegen Arsenal ins Viertelfinale. Endlich hat Uli Hoeneß wieder einen Grund, so richtig vom Leder zu ziehen.
MÜNCHEN taz | Na, das kam ja gerade nochmal rechtzeitig: eine Zitterniederlage statt eines gemütlichen Viertelfinaleinzugs. [1][0:2 zuhause gegen Arsenal]. Besser konnte der FC Bayern gar nicht in die nächste Champions-League-Runde einziehen. Mit Ach und Krach statt mit Pauken und Trompeten.
Für die schrillen Töne sorgte danach der Präsident [2][höchstselbst]: „So reicht es nicht in der Champions League. Ich hoffe, das war ein letzter Warnschuss, rechtzeitig. Seit drei Wochen spielen wir einen schönen Dreck! Wir waren schon in Hoffenheim nur durchschnittlich, hatten gegen Düsseldorf Mühe und Not. Und jetzt haben wir verloren! The trend is your friend! Jetzt müssen wir den Hebel umstellen, die richtigen Konsequenzen ziehen, wenn wir in der Champions League etwas erreichen wollen. Es ist gerade fünf vor zwölf!“
So schimpft nur einer im deutschen Fußball: Uli Hoeneß. Allzu lange durfte er ihn nicht mehr geben, den Mahner in der 20-Punkte-Vorsprung-Wüste. Irgendwann im Herbst vergangenen Jahres hatte der FC Bayern zuletzt mal ein Spiel verloren, angeblich gegen eine Mannschaft namens Vizekusen.
Seitdem schleppte sich Hoeneß nach jedem gefühlten 7:0 oder 8:0 seines Teams durch die Mixed Zone der Allianz Arena und wusste wirklich nicht mehr, was er den wartenden Journalisten noch entgegenblaffen sollte. Immer diese Siege! Kein Grund zum Meckern, nirgends.
Heile Bayern-Welt
Thomas Müller sprach nach dem 0:2 von einer heilen Bayern-Welt, die nun empfindlich gestört wurde: „Wir wussten alle, dass ein 0:2 zum Weiterkommen reicht. Ich hätte das nie für möglich gehalten, aber vielleicht ist das auch der Fehler. Das Spiel wirft Fragen auf in unserer heilen Welt. Vier Gegentore in den zwei Spielen: So viel haben wir zuletzt vielleicht in sechs Wochen kassiert.“
Kollege [3][Arjen Robben] sah das ähnlich: „Wir wurden ja überall schon als beste Mannschaft gelobt. Vielleicht ist es ein Wake-Up-Call zur richtigen Zeit.“ Der Wake-Up-Call war der Begriff des Abends. Bayern-Trainer Jupp Heynckes nannte es natürlich „Weckruf“ und fügte weise an: „Das war heute ein Lehrbeispiel. Das muss uns eine Lehre sein, dass man die nächste Runde noch nicht vor dem Spiel erreicht hat.“
Auch Gäste-Coach [4][Arsène Wenger] wollte sich dem Wake-up-Trend nicht entziehen und baute den Begriff so ein: „Für uns ist das eine Enttäuschung, dass seit 17 Jahren kein englischer Klub im Viertelfinale steht. Das muss ein Weckruf für uns sein.“ Das war jetzt zwar ziemlich aus dem Bayern-Kontext herausgerissen, aber sicher nicht völlig falsch.
Dass das Viertelfinale der Königsklasse heuer mal ohne englische Beteiligung stattfinden würde, war ja vorher schon ausgemacht. Der schelmisch abgekartete Plan der Bayern-Bosse mit Wenger war ja folgender: Erst mal die sieggewohnten Gastgeber mit einem frühen Gegentor ein bisschen schocken, um zu sehen, wie sie reagieren.
An Chelsea denken
Dann 80 Minuten lang in Viertelfinal-Sicherheit wiegen und kurz vor Schluss nochmal an der Spannungsschraube drehen: Anschlusstreffer machen und fünf Minuten lang sehen, ob die Roten nun am Rad drehen, an Chelsea denken und den Kopf verlieren. Ging prima auf. Nach dem Schlusspfiff jubelte der Verlierer, Arjen Robben riss sogar die Arme hoch. Da war jetzt schön viel Druck drauf. Gut gemacht, Arsenal!
Klub-Boss Rummenigge sprach in der Folge von Demut, Druck-Experte [5][Oliver Kahn] erkannte dagegen sofort die Tragweite der Partie für die Zukunft des Champions-League-Siegers in spe: „Es ist wichtig, dass die Mannschaft das heute mal so erlebt hat. Es läuft nicht immer alles rund. So ein Spiel mal über die Zeit zu retten, gibt Stabilität für die nächsten Spiele.“
Naja, ganz nett, Herr Kahn, aber so eine Analyse geht auch griffiger. Hören wir doch mal beim Kaiser rein: „Ich bin immer noch fassungslos, wie man so Fußball spielen kann“, [6][schimpfte] Franz Beckenbauer, „ich dachte, die Krönung am Samstag gegen Düsseldorf wäre genug gewesen. Heute gab’s noch mal eine Steigerung. Sie haben ohne Einsatz, ohne Konzentration gespielt, bis zum Ende. So kannst du unmöglich weiterspielen, sonst bist du in der nächsten Runde draußen. Egal gegen wen.“ So geht Fußball. Der ist einfach immer wieder schön, wenn Bayern nicht 7:0 gewinnt. Ist doch so, Herr Hoeneß, oder?
14 Mar 2013
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Auch die internationalen Erfolge des FC Bayern langweilen. Die Münchner eignen sich nicht einmal mehr für gepflegten Hass.
Das erste Tor fällt nach 26 Sekunden und die Bayern verschaffen sich eine gute Ausgangslage um ins Halbfinale zu kommen. Aber der Spieler des Spiels ist von Juve.
Hasan Salihamidzic vor dem Duell seiner ehemaligen Vereine FC Bayern und Juventus Turin über alte Zeiten, die neue Stärke von Juve und den besten Torhüter der Welt.
Partizan Minsk ist der etwas andere Verein aus Weißrussland. Er wird von seinen Fans verwaltet, die sich antirassistisch und weltoffen geben.
Im Champions-League-Viertelfinale erwartet die Münchner mit Juventus Turin ein machbarer Gegner. Mit dem FC Malaga erwischt Dortmund ein optimales Los.
Wieder einmal hat der FC Arsenal in der Champions League einen Rückstand fast aufgeholt – aber eben nur fast. Die Viertelfinalteilnehmer stehen nun fest.
Nach dem 3:2-Sieg gegen Düsseldorf, liegen die Bayern nun schon 20 Punkte vor Dortmund. Borussia holte sich bei Schalke ein blaues Auge. Und auch Leverkusen verlor.
Wüstenmilliardäre investieren mittlerweile gerne in europäische Klubs. Gerade Spanien und England haben es den Scheichs angetan.
Die Bayern schlagen Hoffenheim und verschärfen die Abstiegsängste bei den Kraichgauern. Mainz und Düsseldorf trennen sich unentschieden.
Der FC Bayern sieht sich nach dem Sieg gegen den BVB als Herrscher über den deutschen Fußball. Es gibt nur noch ein Problem: die prominenten Bankdrücker.