taz.de -- Kommentar Homoehe in Frankreich: Stimmenfang am rechten Rand

Die bürgerliche UMP macht gemeinsame Sache mit Rechtsextremen und katholischen Fundamentalisten, nur um Stimmung gegen die Linksregierung zu machen.
Bild: Proteste gegen die Legalisierung der Homo-Ehe in Paris

Wieder mal wird der Untergang des Abendlandes als Schreckgespenst an die Wand gemalt. Wenn die Wirtschaft nicht aus der Krise herauskommt und die Dynamik des sich angeblich selbst regulierenden Marktes die sozialen Gräben nur vergrößert, steigt die Angst der Bourgeoisie vor dem Verlust der Werte der westlichen, sprich: christlichen Zivilisation.

In Frankreich kristallisiert sich diese bürgerliche Identitätskrise an der Frage der rechtlichen Gleichstellung der Homo-, Bi- und Transsexuellen vor dem Standesamt. Wie wenn das Recht gleichgeschlechtlicher Paare, sich zivilrechtlich trauen zu lassen und wie Heteros oder ledige Einzelpersonen Kinder zu adoptieren, eine absolute Grenze oder ein letztes Tabu darstellte.

Jenseits, so prophezeit die französische Rechte, die seit Monaten Sturm läuft gegen die verteufelte „Homo-Ehe“, wartet das Chaos: das Ende der von Gott gewollten Familie. Wie wenn jemand diese Gläubigen zwingen würde, selber anders zu leben, als sie dies auch in Frankreich aufgrund ihrer religiösen Überzeugungen tun wollen und können.

In Paris demonstrierte zu Füßen des Triumphbogens einmal mehr die ideologische und moralisierende Intoleranz. Es ist das Recht dieser Bürger, gegen Vorstellungen und Lebensformen zu protestieren, die ihnen nicht gefallen.

Bedenklich ist hingegen, dass sich aus politischem Opportunismus die bürgerliche UMP an die Seite dieser hauptsächlich rechtsextremen und von katholischen Fundamentalisten getragenen Mobilisierung gestellt hat, um Stimmung gegen die Linksregierung zu machen. Seit ihrer Wahlniederlage sucht die UMP ihr Heil ganz rechts – in Allianzen mit den Rechtsextremisten des Front National, mit denen die UMP schon jetzt offenbar immer mehr die Furcht vorm Untergang bedrohter Werte teilt.

25 Mar 2013

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Rudolf Balmer
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