taz.de -- Die Wahrheit: Pazifikölsch für die Damen

Neues aus Neuseeland: Der beste Trick für Frauen, um sich aufdringliche Verehrer vom Leibe zu halten ist, sich ein frischgezapftes Bier zu bestellen.
Bild: Milch – Das weiße Gift

Hergehört, männermüde Wesen, die ihr weiblich und unwiderstehlich seid! Ihr wollt beim Ausgehen nicht mehr angebaggert werden? Ihr habt genug davon, als Sexobjekte gesehen zu werden, und könnt euch die Verehrer nicht vom Hals halten? Dann sage ich euch, welcher Trick zumindest in einer neuseeländischen Kneipe funktioniert: Bestellt euch ein Bier.

Es geht so einfach, wirkt aber genauso effektiv wie Mundgeruch im Endstadium: Jeder Kerl – es sei denn, er nippt auch gerne mal am Piccolöchen – lässt dich mit deinem Frischgezapften in der Hand sofort in Ruhe. Oder gibt einen Spruch von sich, der keiner Anmache mehr würdig ist. Warum? Weil Biertrinken laut kiwianischer Testosteron-Logik zutiefst unsexy ist. Genauso könnte man sich den imaginären Sack kratzen und dazu rülpsen. Wer einer Frau nicht die Weinkarte, sondern ein Dosenbier reicht, kann sie auch gleich fragen, wie oft sie sich rasiert. Für den Mann dagegen wurden unzweideutig klingende Sorten wie „Massive Knockers“, „Double D Blonde Ale“, „Panty Peeler“ und „Golden Shower Pilsener“ erfunden.

Frauen, die Bier trinken, haben im weiß Gott nicht abstinenten Aotearoa etwa den gleichen Sozialstatus wie Frauen, die unter Tage arbeiten. Und viel mehr sind es auch nicht: Gerade mal 13 Prozent der weiblichen Bevölkerung bekennen sich zu ihrem unattraktiven Laster, während im trinkfesten Irland 36 Prozent der Einwohnerinnen das Nationalgebräu schätzen und im schwer flirtösen Brasilien gar 38 Prozent. Waren es nicht Frauen, die im Jahre 1700 vor Christi den Gerstensaft miterfanden? Unterlag der Gärungsprozess nicht der Biergöttin Ninkasi? Irgendwas läuft bei uns eindeutig schief.

Schuld ist die sexistische Bierwerbung. Besonders hervorgetan hat sich „Lion Red“, eine Marke, die „man points“ an echte Männer vergibt. Punkte gibt es für den Besitz eines Geländewagens, für den eigenhändigen Bau einer Holzveranda und für Pies zum Frühstück. Punktabzug gibt es fürs Eincremen des Gesichts, den Besitz eines Pudels und das Wachsen von allem, was nicht Ski oder Surfboard ist. Ach ja, und der Liebsten Blumen zu schenken – es sei denn, man hat wirklich was verbrochen. So ein blaues Auge geht ja nicht von heut auf morgen weg. Nette Marke, „Lion Red“. Tapfer kämpfen Neuseelands Edelbierfans gegen das Macho-Image an. Wendy Roigard, die in Auckland die Bierverkostungsfirma „Lady Glass“ führt und am liebsten aus Tulpengläsern trinkt, arbeitet emsig an der Feminisierung des Biertrinkens. Auch sie greift dabei auf alte Tricks zurück: „Es hat mehr Vitamine und Mineralien und weniger Kalorien als Wein!“ Damit kriegt sie mich noch nicht rum. Mir schmeckt Chardonnay nun mal besser als Lager.

Letztens jedoch sah ich im „Twisted Hop“, einem neuen Pub in Christchurch, überm Zapfhahn „Pazifikölsch“ angeschrieben. Meine bikulturelle Identität, elegant vereinigt – genial! Darunter stand „Sauvinpilsner“, was sicher bei frankophilen Tschechinnen zieht. Ich bestellte sofort einen kleinen Probierschluck, ganz Dame.

3 Apr 2013

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Anke Richter

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