taz.de -- Kommentar zum SPD-Parteitag: Was Steinbrück kann

Bislang kam Peer Steinbrück im Wahlkampf als arrogant und unbeholfen rüber. In Augsburg zeigt er, dass es auch anders geht.

Peer Steinbrück ist in ähnlich misslicher Lage wie Philipp Rösler vor einem halben Jahr oder Kurt Beck vor fünf Jahren. Es ist fast egal, was er macht – es nutzt ihm nichts. Das Image als arroganter, unbeholfener Kandidat hat sich festgefressen. Dass daran nicht die bösen Medien schuld sind, sondern im Kern er selbst, macht die Sache für ihn noch schlimmer. Ist die Wahl für die SPD also schon verloren, wie täglich behauptet wird?

Nicht unbedingt. Steinbrücks kluge, gleichermaßen pointierte und ausgewogene Rede in Augsburg lässt wenigstens ahnen, was dieser Kandidat kann. Was er nicht kann, ist ja bekannt. Der Versuch, Steinbrück als volksnahen Antipolitiker zu inszenieren, der sagt, was Sache ist, ist gescheitert.

Steinbrück ist unübersehbar ein Mann der Ministerialbürokratie mit Neigung zur Egozentrik. Sein Talent, populistische Affekte zu nutzen, ist daher überschaubar. Derbe Sprüche über Berlusconi ruinieren seinen Ruf als seriöser Politiker, ohne damit die Stammtische zu erreichen.

In Augsburg konnte man nun sehen, was die SPD vermag. Sigmar Gabriel gab, mit Donnerrhetorik, den Kapitalismuskritiker. Steinbrück intonierte das gleiche Lied leiser, differenzierter, sogar, was selten ist, mit dem selbstkritischen Hinweis, dass auch die SPD auf dem neoliberalen Irrweg war. Die Steuererhöhungen dienen bei Steinbrück dem Ziel, mehr Gemeinsinn und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu schaffen.

Was die SPD will, das zeigen alle Umfragen, ist vom Mindestlohn bis zur Steuerpolitik, populär und mehrheitsfähig. In Augsburg sah man einen Kanzlerkandidaten, der dieses (in Wahrheit moderate) Umverteilungsprogramm so zu erklären vermag, dass kaum jemand Angst bekommen kann. Es kann sein, dass die Grabreden auf die Wahlchancen der SPD im Herbst etwas voreilig gehalten wurden.

14 Apr 2013

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Stefan Reinecke

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