taz.de -- Schweizer Referendum zum Asylrecht: Schneller ausweisen, heißt das Motto

Eine deutliche Mehrheit stimmt für die Verschärfung der Gesetze. „Renitente“ Asylbewerber können in besonderen Zentren untergebracht werden.
Bild: Die Asylbewerberunterkunft „Les Pradieres“ bei Neuchatel.

GENF taz | In der Schweiz gelten künftig verschärfte Bedingungen für Flüchtlinge und Asylbewerber. Und die Möglichkeiten für Flüchtlinge, überhaupt auf Schweizer Boden zu gelangen, werden eingeschränkt.

Einer entsprechenden Gesetzesvorlage der Berner Regierung stimmten die EidgenossInnen am Sonntag mit der großen Mehrheit von 79 Prozent zu. Flüchtlingsinitiativen hatten, unterstützt von den Grünen und den Sozialdemokraten, eine Volksinitiative gegen die Asylrechtsverschärfung lanciert.

Mit dem neuen Asylrecht wird zum einen die Möglichkeit, AsylbewerberInnen abzulehnen sowie straffällig gewordene Asylanten auszuweisen, erleichtert. Zudem können als „renitent“ geltende Asylanten künftig zwecks besserer Kontrolle und Überwachung in eigens dafür geschaffenen Asylzentren untergebracht werden. Kriegsdienstverweigerung und Desertion werden nicht mehr als Asylgründe anerkannt. Die Möglichkeit für Flüchtlinge, Asyl bei einer Schweizer Auslandsbotschaft zu beantragen, wird abgeschafft.

Die Option, sogenanntes Botschaftsasyl zu erhalten, war erst vor zwei Jahren in das öffentliche Bewusstsein gedrungen und zum Gegenstand kontroverser Debatten geworden, als bekannt wurde, dass Schweizer Botschaften in einer Reihe von Krisenländern im Nahen und Mittleren Osten sowie in Afghanistan Hunderte von Asylanträgen unter Verstoß gegen die bislang geltenden Gesetze einfach nicht bearbeitet hatten.

Mehrheit in sämtlichen Kantonen

Die breite Zustimmung von 79 Prozent aller stimmberechtigten BürgerInnen ist nach ersten Analysen von WahlforscherInnen nur erklärbar, weil Teile der WählerInnen der Grünen und der Sozialdemokraten entgegen der Empfehlung der beiden Parteien die gegen die Asylrechtsverschärfung gerichtete Volksinitiative ablehnten.

Erstmals erhielt ein derartiges Verschärfungsgesetz eine Mehrheit der StimmbürgerInnen in sämtlichen Kantonen und Halbkantonen der Schweiz. Wobei die Zustimmung in der französischsprachigen Westschweiz insgesamt geringer ausfiel als in der Deutschschweiz und im italienischsprachigen Tessin. Selbst im liberalen Stadtkanton Genf, mit 42 Prozent die europäische Stadt mit dem höchsten Anteil ausländischer Wohnbevölkerung, wurde die Asylrechtsverschärfung mit einer wenn auch knappen Mehrheit angenommen.

9 Jun 2013

AUTOREN

Andreas Zumach

TAGS

Schweiß
Asylpolitik
Referendum
Schweiß
Zürich

ARTIKEL ZUM THEMA

Referendum über Zuwanderung: Mehr Schweizer gegen Ausländer

Die rechtspopulistische Schweizer Volkspartei möchte strenge Quoten für Einwanderer einführen. Die Zustimmung dazu wächst laut einer Umfrage.

Kommentar Asyl in der Schweiz: SchweizerInnen künftig unter sich

Steter Tropfen höhlt den Stein: Nach der Volksabstimmung von Sonntag wird die Schweiz die flüchtlingsfeindlichsten Asylsgesetze in Europa haben.

Deutsche Akademiker in der Schweiz: Unerwünscht und ausgeladen

Die Universität Zürich bricht ein Berufungsverfahren ab. Der Grund dafür ist eine Medienkampagne gegen deutsche BewerberInnen.

Kommentar Abschiebeinitiative Schweiz: Rassistische Brandstifter

Die Abschiebeinitiative trifft alle straffällig gewordenen Ausländer - bis auf Steuerflüchtlinge. Bleibt nur die Hoffnung auf den Europäischen Gerichtshof.

Referendum in der Schweiz: Kriminell? Dann nix wie raus!

Die rechtspopulistische SVP will straffällig gewordene Ausländer sofort abschieben. Über den Vorschlag muss das Volk entscheiden, wie bereits beim Minarett-Verbot.